Auch für meinen neuen Thriller „Der Killer und das Mädchen“ habe ich eine Comic-Fassung vorbereitet, um euch Lust zu machen, das Buch zu lesen.

Prolog

Leise wie eine Katze und gelenkig wie eine Eidechse kletterte die dunkle Gestalt an der Fassade empor. Der Rucksack, den sie auf dem Rücken trug, war leer, doch sie hoffte, dass sie ihn in der Wohnung im Obergeschoss füllen würde.

In diesem Teil der Stadt standen die vornehmeren Häuser. Hier lebten die Menschen, die sich ihren luxuriösen Lebensstil leisten konnten. In den Doppelgaragen standen meist teure Autos und ein Gärtner kümmerte sich um die schicken Vorgärten.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Eine Minute später war sie drin, schlich durch die Wohnung und suchte nach Beute.

In einer Schublade fand sie ein Bündel Geldscheine und im Schlafzimmer räumte sie das Schmuckkästchen leer.

Die wertvollen Gemälde an den Wänden interessierte sie genauso wenig wie die antiken Möbel oder das wertvolle Porzellan. Was sie nicht mitnehmen und zu Geld machen konnte, ließ sie stehen, liegen oder hängen, und bald war der Rucksack voll und schwer.

Völlig pleite

Ich war wieder einmal total abgebrannt. Die Suche nach einem neuen Job hatte nicht so funktioniert, wie ich es mir vorgestellt hatte, und meine Bewährungshelferin nervte jedes Mal, wenn ich wieder einmal mit schlechten Nachrichten kam.

Dabei war es nicht allein meine Schuld gewesen, wie sie es immer wieder betonte. Der Job war öde und mein Chef ein dämlicher Sklaventreiber gewesen. Am liebsten saß er in seinem Büro am Computer, während wir versuchten, den Haufen von Arbeit, die auf uns gewartet hatte, nach und nach abzuarbeiten.

Na ja, eines Abends hatten 300 Euro in der Kasse gefehlt und sie hatten einen Sündenbock gesucht. Und natürlich kam nur ich dafür in Frage. Schließlich hatte ich eine Bewährungsstrafe gekriegt wegen ein paar Versuchen, meine Kasse ein bisschen aufzubessern.

Nein, jetzt konnte ich nur Caroline um Geld bitten. Sie war meine beste Freundin und mehr oder weniger die einzige, auf die ich mich verlassen konnte.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Caroline hatte immer freitags um halb drei ihre Ballettstunde und oft holte ich sie ab, wenn ich nichts anderes vorhatte. Meistens gingen wir zusammen in die Stadt, redeten und gingen durch die Fußgängerzone, um uns die Sachen in den Schaufenstern anzusehen.

Oft sah sie etwas, das ihr gefiel und sofort kaufen musste, und manchmal kamen wir mit schweren Tüten bepackt nach Hause, wenn sie wieder einmal ihrer Einkaufslust nicht widerstehen konnte.

Auch an diesem Freitag hatten wir uns verabredet und ich war so früh dran, dass ich leise in den großen Raum schlich, in dem die Mädchen trainierten.

Ein lukrativer Auftrag

Marc Steiner hatte ganz andere Sorgen. Er hatte genug Aufträge, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, doch er lebte gefährlich.

Im Augenblick lebte er in einer alten Lagerhalle. Es war zwar nicht gerade eine komfortable Behausung, doch dafür hatte er mehr als genug Platz.

Marc war ein echter Profi wenn es um die finale Lösung eines zwischenmenschlichen Problems ging. Die diskrete Beseitigung einer unliebsamen Ehefrau, der Mord an einem geschäftlichen Rivalen, eine Erbtante, die einfach nicht von selber sterben wollte oder ähnliche Schwierigkeiten – er war der Mann fürs Grobe, der sich zuverlässig um das Problem kümmerte.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Er sah auf die Uhr. Es war Zeit, sich in Bewegung zu setzen. Wenn sie die Wohnung ihres Liebhabers verlassen würde, war es ein Kinderspiel. Er würde sie in der Tiefgarage erwarten und war weg, bevor jemand reagieren konnte.

Marc verließ die Lagerhalle und machte sich auf den Weg. Auf einem Umweg, für den er genau 20 Minuten brauchte, ging er zum Tatort.

Er musste nicht lange warten, bis sein Opfer die Tiefgarage betrat und mit wenigen Schritten zu ihrem roten Kleinwagen ging. Er hatte nur wenige Sekunden bis sie außerhalb seiner Reichweite war, doch das genügte ihm. Mit einem gezielten Schuss in ihren Kopf tötete er die hübsche Zielperson.

Ein unerwartetes Zusammentreffen

Das Geld, das mir Caroline geliehen hatte, reichte natürlich nicht lange, Rechnungen mussten bezahlt werden und am Monatsende war die Miete für mein kleines Zimmer wieder fällig.

Mir fiel nur eine Lösung für das Problem ein, mit dem ich kurzfristig wieder zu Geld kam: ich musste tun, was ich am besten konnte, in irgendein Haus einsteigen, alles was irgendwie wertvoll war mitnehmen und hoffen, dass Blumenthal mir genug dafür bezahlte.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Aber ich kannte eine alte Villa in einem der Vororte, die mir schon vor einer ganzen Weile aufgefallen war. Eine hohe Hecke wuchs um das Grundstück und ein schmiedeeisernes Tor, das durch eine Überwachungskamera gesichert wurde, war der einzige Zugang.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Wenige Augenblicke später blendete mich grelles Licht und ich starrte in die Mündung eines Revolvers.

„Nimm schön die Hände hoch“, befahl mir die Stimme eines Mannes, von dem ich nicht viel erkennen konnte. Er trug eine Maske vor dem Gesicht und trug eine Lederjacke und eine Baseballmütze.

Ich gehorchte fast automatisch und der Mann sah mich an.

„Wer bist du und was hast du hier verloren?“ zischte er mir zu.

„Ich bin Leonie“, antwortete ich, „und ich habe hier nach wertvollem Zeug gesucht.“

Ein Spiel mit dem Feuer

Blumenthal war sehr erfreut, als ich ihm die Sachen vorbeibrachte, die ich bei meinem Einbruch mitgenommen hatte.

„Die Taschenuhr alleine bringt sicher ein paar Hunderter“, versprach er mir, „und für den Schmuck bekomme ich bestimmt ebenfalls einen guten Preis. Auf den ersten Blick sind die Diamanten echt, die Perlen groß und gleichmäßig und ein paar der Sachen sind echte Sammlerstücke. Ich gebe dir Fünfhundert als Vorschuss und den Rest wenn ich alles losgeworden bin.“

Er zählte mir ein paar große Scheine in die Hand und ich war erst einmal aus dem Schneider.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Wir trafen uns vor einer Bank in der Provinz. Sie lag in einer ruhigen Nebenstraße, wo uns niemand beobachtete, und Brunner öffnete die Tür des Hintereingangs, schaltete die Alarmanlage aus und winkte mir zu, ihm zu folgen.

„Also zuerst einmal etwas Grundlegendes“, erklärte Brunner mir, „es gibt verschiedene Arten von Schlössern. Bei kleinen Tresoren sind elektronische Tasten sehr beliebt. Dann gibt es andere, die mit einem Schlüssel geöffnet werden können. Und die größeren Tresore gaben meistens einen Drehknopf, mit dem man eine zwei-, drei- oder vierstellige Kombination einstellen muss – so wie dieser hier.“

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Natürlich fehlte mir die Übung, die Brunner hatte, und ich brauchte drei Versuche bis ich die richtige Kombination herausgefunden und den Safe geknackt hatte. Aber ich hatte es geschafft und beim nächsten Mal gehörte alles mir, was ich darin fand.

Eigentlich

Ich traf Caroline und gab ihr das Geld zurück, das sie mir geliehen hatte. Sie war überrascht und ich musste ihr Versprechen, dass ich nie wieder auf die schiefe Bahn geraten würde. Als ob sie etwas von meinem Leben und seinen Herausforderungen verstehen würde!

„Weißt du, Leonie“, sagte sie zu mir, „eigentlich bist du ja ziemlich hübsch…“

„Ich hasse Sätze, die mit ‚Eigentlich‘ beginnen“, antwortete ich, „es kommt ja doch meistens ein ‚Aber‘ hinterher.“

Sie grinste, als hätte ich sie ertappt.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Wir betraten die exklusive Boutique, die sich hinter einer schlichten, aber eleganten Fassade verbarg. Sofort umhüllte mich ein Gefühl von Luxus und Raffinesse. Die Wände waren in einem sanften, cremefarbenen Ton gehalten und mit edlen Verzierungen geschmückt, die den Raum in ein warmes, einladendes Licht tauchten.

Die Kleider, die hier ausgestellt waren, ließen keine Wünsche offen. Jedes Stück schien ein Kunstwerk für sich zu sein, gefertigt aus den feinsten Materialien, die man sich vorstellen konnte. Seide, Satin und Spitze in allen erdenklichen Farben und Mustern hingen an eleganten Kleiderbügeln und warteten auf eine Käuferin.

Eine freundliche Verkäuferin, die in einem dezenten, aber stilvollen Outfit gekleidet war, trat an uns heran. Ihr Lächeln war herzlich, und sie bot uns ihre Hilfe an.

„Wir brauchen ein Kleid für meine Freundin Leonie“, erklärte Caroline ihr, „etwas das ihre Schönheit zur Geltung bringt, damit sie sich nicht länger in ihren schäbigen, schwarzen Klamotten versteckt.“

Das tödliche Spiel

Und dann rief er mich plötzlich an.

„Hey“, meldete er sich am Telefon, „ich bin’s, Marc. Wie geht’s?“

Ich brauchte eine Weile, bis ich kapierte, dass er es war. Die Telefonnummer kam mir äußerst merkwürdig vor, und seinen Namen hatte er mir gegenüber nie erwähnt.

„Marc also“, grinste ich, „mir geht’s prima. Ich hatte nicht mehr damit gerechnet, dass du dich jemals bei mir melden würdest.“

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Der See lag malerisch eingebettet in die Landschaft, nicht weit vom Waldrand entfernt. Die Ufer waren von saftig grünen Wiesen umgeben, die sich sanft im Wind wiegten.

„Du hättest Lehrer in der Berufsschule für Auftragskiller werden sollen“, lachte ich.

Wir setzten uns ins Gras und er packte zwei Pistolen, Ersatzmagazine, eine Schachtel mit Munition und einen Schalldämpfer aus seiner Tasche.

Wir stellten eine leere Blechbüchse auf einen Baumstumpf am Waldrand und Marc zeigte mir, wie sie anvisieren musste, um sie zu treffen.

Bald trag ich die Blechbüchse aus kurzer Entfernung und wir gingen einige Schritten zurück, damit ich es mit größerer Distanz ebenfalls schaffte und alle Schüsse zuverlässig ihr Ziel trafen.

Du hast dich mit dem Falschen angelegt

Floriano Di Silvestro war der Inbegriff von Macht und Reichtum. Er war ein charismatischer, aber gnadenloser Mafia-Boss, der in der kriminellen Unterwelt gefürchtet und respektiert wurde. Di Silvestro war von imposanter Statur und hatte scharf geschnittene Gesichtszüge, die seine Entschlossenheit und Härte widerspiegelten. Sein dunkles Haar war stets perfekt frisiert, und seine eisblauen Augen strahlten eine durchdringende Kälte aus, die selbst die mutigsten Männer einschüchterte.

An diesem Morgen hatte er ganz schreckliche Laune. Er hatte seine Leute in dem Konferenzraum versammelt und hielt ihnen eine mächtige Standpauke.

„Wie kann es sein, dass ein Teenager uns alle an der Nase herumgeführt?!“ schrie er sie an, „sie hat von Biegeling erschossen und seinen Safe geleert.“

Der Killer und das Mädchen - das Comic

„Schön, dass du noch lebst“, flüsterte Blumenthal mir zu, „doch du solltest hier nicht herumspazieren. Du wirst überall fieberhaft gesucht. Besser du verschwindest aus der Stadt und tauchst unter!“

„Die Bullen?“

„Schlimmer“, antwortete er, „du hast dich mit dem Falschen angelegt. Floriano Di Silvestro ist der Chef der italienischen Mafia hier im Land und Alfons von Biegeling war sein Finanzminister. Die ganze Geldwäsche der Bande lief über ihn. Ich muss vorsichtig sein, was ich von deinem Diebesgut überhaupt weiterverkaufen kann. Wenn sie herausfinden, dass ich bei dieser Sache beteiligt war, bin ich ein toter Mann.“

Das Netz zieht sich zu

Die nächste, böse Überraschung erwartete mich eine Woche später. Ich spielte gerade mit ein paar der Mädchen in der Puppeneck als Fräulein Elfriede zu mir kam.

„Kommst du bitte mal mit“, sagte sie zu mir, „du hast Besuch.“

Ich wunderte mich schon, wer mich besuchen kam, und hoffte, dass es keiner der Killer von der Mafia waren, die mich bis hierher verfolgt hatten.

Fräulein Elfriede brachte mich in ihr Büro, wo mich zwei unerwartete Besucher erwarteten.

Es waren zwei Polizeibeamten.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Die Gefängniszelle, in der ich eingesperrt wurde, war schrecklich eng. Die Wände schienen näher zu kommen, je länger ich dort saß. Der Raum war kaum groß genug, um sich darin zu bewegen. Wenn ich auf meinem schmalen Bett saß, konnte ich die gegenüberliegende Wand fast mit ausgestrecktem Arm berühren. Die karge Einrichtung bestand aus einem einfachen Metallbett, einer winzigen, wackeligen Toilette und einem kleinen Waschbecken, dessen Wasserhahn ständig tropfte.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Es gab kein Fenster, nur eine winzige, vergitterte Öffnung in der Tür, durch die ab und zu ein Wärter einen kurzen Blick in die Zelle warf.

Die Luft war stickig und roch nach Feuchtigkeit und Schweiß. Eine einsame Glühbirne baumelte von der Decke und flackerte gelegentlich.

In der Dunkelheit

Als es dunkel wurde, öffnete ich das Schiebetor, sah mich vorsichtig in alle Richtungen um und zog mir die Kapuze meines Kapuzenpullis ins Gesicht.

Ich atmete durch und ging ein paar Schritte. Die Nacht war warm und es tat mir gut. Es war ein kleines Stückchen wiedergewonnene Freiheit nach der Langeweile in der tristen Halle.

Nicht weit weg fand ich einen Hinterhof hinter einem leerstehenden Laden. Hier standen Mülltonnen herum und mehr alte Sachen lagen verstreut um mich herum.

Plötzlich blendete mich das gelbe Licht einer Lampe und einer der Männer richtete seine Waffe auf mich.

„Rühr dich nicht vom Fleck“, befahl er, „wir haben schon die halbe Stadt nach dir abgesucht. Du hast eine Verabredung mit Silvestro, und du kannst dir denken, was er von dir haben will.“

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Die Villa auf dem Anwesen von Floriano Di Silvestro war hell erleuchtet. Ich konnte den Prunk der Gartenanlage sehen, als wir von der Einfahrt zu der Villa im Mittelpunkt des Grundstücks fuhren, wo der Wagen anhielt.

Meine Entführer zerrten mich aus dem Wagen und öffneten mir die Türe.

„Avanti, der Boss erwartet dich schon.“

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Mit zitterten Knien ging ich die Stufen hinauf und sie brachten mich zu Silvestro, der an einem antiken Tisch saß und einen Stapel mit Dokumenten betrachtete.

„Buonasera Signorina“, begrüßte er mich und musterte mich von oben bis unten, „Sie kommen genau richtig zu einem kleinen Mitternachtssnack. Der Chianti ist vortrefflich und die Antipasti lasse ich mir direkt aus Neapel hierher liefern.“

Im Visier der Jäger

Kriminaloberkommissarin Jana Bachmann sah sich immer wieder die Bilder der Überwachungskameras an, sie von der Verkehrsbehörde bekommen hatte.

Zu gerne hätte sie auch die Aufnahmen gesehen, die Di Silvestro mit den Kameras am Tor und rund um das Haus gesehen, doch Di Silvestro hatte freundlich aber bestimmt abgelehnt, als sie ihn darin gebeten hatte. Sie kannte seine Akte, doch auch die italienische Polizei hatte nichts gegen ihn in der Hand, um ihm etwas nachzuweisen.

Sie hatte ihn nach dem Mädchen gefragt, das sie in Verdacht hatte, aber er hatte nur abgewinkt.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Ich war deprimiert und hatte heftige Schmerzen von den blauen Flecken und Schwellungen am ganzen Körper. Di Silvestro und seine Männer hatten mich verhört und versucht, mich mit roher Gewalt zum Reden zu bringen, doch ich hatte keine Absicht, Marc zu verraten, um meinen Hals zu retten.

Der Knall lauter Schüsse riss mich abrupt aus meinem dumpfen Brüten. Schnell rollte ich aus dem Bett und ging unter ihm in Deckung.

„Leonie? Bist du hier?“

Ein Wunder war geschehen: Marc hatte mich gefunden und war gekommen, um mich zu befreien!

„Ich bin hier oben!“ rief ich ihm zu und ich hörte, wie er die Treppe herauskam.

„Hier im Gästezimmer“, rief ich noch einmal, „ich hoffe, du hast einen Schlüssel.“

Tödliche Allianzen

Jana Bachmann wurde wieder einmal an einen Tatort gerufen. In der Villa, die sie seit Wochen observieren lassen hatte, war es zu einer Schießerei gekommen, bei der drei Männer erschossen worden waren.

„Ist Di Silvestro bei den Opfern?“ fragte sie den Kollegen, doch der konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Vorsichtshalber steckte sie ein Foto von ihm in die Tasche und fuhr zum Tatort, um sich selber ein Bild zu machen.

In der großen Halle der Villa waren die Kollegen von der Spurensicherung bereits an der Arbeit. Die Polizistin machte selbst ein paar Fotos mit ihrem Smartphone und sah sich die Opfer an. Di Silvestro schien nicht dabei zu sein.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

„Wir müssen über ein paar Dinge reden“, sagte ich zu Marc, während wir hungrig über die Pizza verfielen, „als erstes natürlich über diesen Mordauftrag. Wirst du mir zum Nachtisch eine Kugel durch den Kopf jagen?“

„Niemals!“ antwortete er empört, „das hast du doch nicht ernsthaft vermutet?!“

„Nein“, antwortete ich, „ich vertraue dir. Vielleicht ein bisschen zu sehr. So wie ich Dirk, diesem Volldepp vertraut habe, der mich ständig hintergangen hat. Ich war verliebt und blind, dachte mein Glück würde endlos dauern. Manchmal denke ich, dass ich niemandem mehr hundertprozentig vertrauen kann.“

Die Grenzen des Vertrauens

Nach Bad und Pizza saßen wir gemütlich zusammen auf dem Sofa, und ich beschloss, mit ihm das nächste Thema anzusprechen, das mir auf dem Herzen lag.

„Ich habe in den letzten Tagen viel Zeit gehabt, über einige Dinge nachzudenken“, begann ich, „und ich möchte ganz offen zu dir sein. Ich bin mir sicher, dass ich von dir keine Gefahr zu erwarten habe, doch ich bin in meinem Leben schon zu oft betrogen und hintergangen worden. Ich möchte dir voll und ganz vertrauen können, aber mein Vertrauen hat seine Grenzen. Vorhin habe ich auf deinem Smartphone gesehen, dass Cora versucht hat, dich anzurufen, und plötzlich bin ich eifersüchtig geworden. Mein Kopf sagt mir, es ist Blödsinn, doch mein Herz widerspricht vehement. Ich will dir vertrauen, nicht nur bei einem Auftrag, sondern in allen Dingen.“

„Cora“, grinste er, „du wirst sie genauso lieben, wie ich. Vertrau mir!“

„Na schön“, antwortete ich, „eigentlich weiß ich nicht sehr viel über dich.“

Der Killer und das Mädchen - das Comic

„Es fällt mir immer noch schwer, darüber zu sprechen. Über sie. Über Maren. Sie war meine große Liebe, mein Licht. Unsere Geschichte begann wie ein Märchen, voller Hoffnung und Träume von einer gemeinsamen Zukunft. Sie war das schönste Mädchen, das ich je getroffen hatte. Sie war freundlich, leidenschaftlich und immer gut gelaunt. Und sie hatte feuerrote Haare wie du. Maren war mein Leben. Unsere Liebe war wie ein Feuerwerk, hell und voller Leidenschaft. Jeder Moment mit ihr war kostbar, jedes Lächeln von ihr ein Lichtblick in meinem Alltag.“

„Doch dann geschah das Unvorstellbare. An einem kalten Novemberabend wurde sie entführt. Ich erinnere mich noch genau an den panischen Anruf ihrer Freundin, die mir von dem Vorfall berichtete. Die nächsten Stunden und Tage waren wie ein Albtraum, voller Angst und Unsicherheit.“

„Und dann fand man sie. Oder das, was von ihr übrig war. Verstümmelt, missbraucht und ermordet, ihr Lächeln für immer ausgelöscht. Mein Herz brach in tausend Stücke, als ich das sah. Alles, was von ihr übrig war, waren Erinnerungen und der bittere Geschmack von Verlust und Wut. Ihr Leiden muss unermesslich gewesen sein, vergewaltigt und brutal ermordet.“

Die Stunde der Wahrheit

Wir waren unseren Plan mehrere Male zusammen durchgegangen, hatten die Risiken in jeder Phase betrachtet und uns Gedanken gemacht, wie wir reagieren konnten, wenn etwas schiefging.

Ich war in dieser Beziehung längst nicht so gründlich. Wenn ich irgendwo einsteigen wollte, überlegte ich kurz, wie ich reinkam, und überließ den Rest dem Zufall und meinem Bauchgefühl. Bis jetzt hatte das meistens ganz gut funktioniert, hatte mich aber immer wieder in Schwierigkeiten gebracht.

Doch diese Aktion war kein einfacher Einbruch in irgendeiner Villa wohlhabender Leute. Di Silvestros Villa war gut bewacht und gesichert. Die Risiken waren hoch und wenn der Plan scheiterte, würde ich es nicht überleben.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Die Waffe lag schwer in meiner Hand. Ich drückte die Türklinke herunter und öffnete leise die Türe.

Di Silvestro bemerkte mich erst, als ich an seinen Schreibtisch herangetreten war und die Waffe auf ihn richtete.

„Oh, dich hätte ich am Wenigsten hier erwartete“, sagte er überrascht, „ich war sicher, du hättest dich in deinem Loch verkrochen.“

Mich in eine Unterhaltung zu verwickeln, war ein guter Versuch, doch darauf fiel ich nicht herein. Es war eine der Dinge, die wir bei der Planung besprochen hatten und ich tat ihm diesen Gefallen nicht.

„Stirb, Arschloch!“ zischte ich stattdessen und drückte ab.

Ein letzter Coup

Es war ein kleines und urgemütliches Restaurant, in das er mich führte, und ich fühlte mich in meinem Räuber-Outfit fast ein bisschen deplatziert. Aber wir fanden einen Tisch in einer der hinteren Ecken, wo es nicht weiter auffiel.

Marc bestellte eine große Pizza mit Thunfisch und Oliven und ich wählte ein Pasta-Gericht mit Meeresfrüchten und einen gemischten Salat.

Während wir uns hungrig auf das Essen stürzten, fragte ich ihn, wie er sich unsere Zukunft vorstellte. Er hatte so viele Andeutungen gemacht, dass ich mir die Frage nicht verkneifen konnte.

„Unsere Chancen stehen nicht schlecht“, erklärte er mir, „aber ich werde erst mit dem Jubeln beginnen, wenn wir unsere Arbeitsverträge unterschrieben haben.“

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Normalerweise ging ich nicht gerne auf die Bank. Meistens war es der Geldautomat am Eingang, wo ich mir Bargeld holte, wenn das Konto nicht gerade wieder mal völlig leergeräumt war. Mit den Bankern in ihren schicken Anzügen, die mir mit herablassender Stimme erklärten, dass meine Einnahmen zu gering waren, um mir in Darlehen einzuräumen, oder den Kunden, die sich beraten ließen, wie sie ihr Geld möglichst effektiv anlegen konnten, hatte ich nichts am Hut. Das war nicht meine Welt.

Es war nicht viel Betrieb, als wir kurz bevor die Angestellten Feierabend machten in die Bank stürmten. Marc schoss einmal in die Decke, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen.

„Bitte bleiben Sie ruhig, es wird niemand verletzt, wenn Sie mit uns kooperieren“, rief er und alle zuckten erschrocken zusammen.

Ein Neuanfang

Das Leben auf dem Land war ruhig und friedlich. Hier vermutete uns niemand und ich war froh, dass ich mich nicht länger in der alten Lagerhalle verstecken musste.

Ich hatte bei dem Metzger etwas zum Essen eingekauft und schlenderte gemütlich nach Hause, als ich die lange, schwarze Limousine erblickte, die direkt vor unserem Haus geparkt war.

Marc saß mit einer hübschen, schwarzen Frau am Tisch und sie redeten miteinander.

Erleichtert atmete ich auf, steckte die Waffe ein und ging hinein.

„Hallo“, begrüßte ich unseren Gast, „ich bin Leonie.“

„Hey, ich bin Cora Anderson“, antwortete sie, „schön dich endlich kennenzulernen.“

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Das Stadium war bis auf den letzten Platz besetzt und im Innenraum vor der Bühne drängten sich die Fans noch lange bevor die Show begann.

„Es wird ein Abend voller Überraschungen“, versprach Cora, „und ich möchte euch heute einen ganz besonderen Menschen vorstellen. Sie ist ein neues Mitglied in meiner fantastischen Crew und sie hat mich zu einem Lied inspiriert, dass ich heute Abend das erste Mal singen möchte. Leonie, komm doch bitte zu mir auf die Bühne!“

„Leonie ist das mutigste Mädchen, dass ich kenne“, lobte Cora mich, obwohl sie nur einen Bruchteil von dem wusste, was ich in meinem Leben so alles angestellt hatte, „sie ist mutig, weil sie sich jedem in den Weg stellen will, der mir etwas antun will. Doch sie ist noch viel mutiger, weil sie entschieden hat, noch einmal ganz von vorne anzufangen und ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Leonie, danke, dass du mich zu diesem Song inspiriert hast! A brand new day!“

Epilog

Coras Tournee war ein gigantischer Erfolg und die Single von ‚A brand new day‘ war wochenlang die Nummer 1 in den Charts.

Ich begleitete sie überall hin und Marc war immer in der Nähe. So unterschiedlich Cora und ich in vielen Dingen waren, so sehr ergänzten wir uns und bald verband uns eine tiefe Freundschaft.

Wir reisten durch die ganze Welt und überall füllte Cora die Stadien und Konzerthallen. Für mich war das eine vollkommen neue Welt. Noch niemals war ich so weit herumgekommen und ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann tatsächlich eine Weltreise machen würde.

Der Killer und das Mädchen - das Comic

Ich erzählte von Marc von meinen Gedanken, die ich mir über die Veränderungen in meinem Leben gemacht hatte, und auch er staunte, wie sehr sich alles verändert hatte.

„Dass wir uns begegnet sind, ist das Beste, das mir jemals passiert ist“, sagte er zu mir, „und das hat alles verändert.“

„Was Cora über den Mut zu Veränderungen gesagt hat, hat ich zum Nachdenken gebracht“, sagte ich zu ihm, „Veränderungen passieren ständig und auf die meisten davon kann man nur reagieren.“

„Das ist wahr.“

„Aber es gehört mehr dazu, sie zu akzeptieren“, fuhr ich fort, „ich habe mich viel zu lange davor gedrückt und mich immer nur irgendwie durchgemogelt. Jetzt bin ich neugierig, was uns das Leben noch bringen wird. Ich bin sicher, es wird niemals so bleiben, wie es ist.“


Mehr über die starken Heldinnen in meinen Geschichten findet ihr in dieser Übersicht.

Schaut euch auch meine anderen Comics an oder ladet euch das ebook herunter.


Isabella Buchfink

Isabella Buchfink ist ein Pseudonym. Sie schreibt Science Fiction, Thriller und Fantasy-Geschichten. Sie lebt im Süden Deutschlands und arbeitet im Realen Leben in der ungefährlichen Welt der IT. Neue Bücher sind in Bearbeitung und noch gehen ihr die Ideen nicht aus…

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