Ich bin noch nicht ganz fertig. Noch eine neue Comic-Fassung einer meiner Geschichten: Eine geheimnisvolle Verwandlung
Prolog
Die junge Frau stand inmitten der Trümmer aus Beton und Stahl, sah sich um und stocherte in den Überresten der Zerstörung herum. Ab und zu zog sie etwas zwischen den großen Brocken hervor und betrachtete es.
Ihre Haare waren feuerrot und der Overall, den sie trug, war schmutzig und zerschlissen. Sie wirkte unglücklich und verloren, irgendwie abwesend, als wäre sie in ihren Gedanken irgendwo anders.
„Hey, schau mal, ich habe etwas gefunden!“
Die muntere Stimme des blonden Mädchens riss sie aus dem Grübeln und sie sah sich zu ihr um.
„Was ist es dieses Mal?“ fragte sie, „ich hoffe, es ist etwas Essbares. Langsam bin ich vollkommen ausgehungert.“
Ihre Freundin hielt eine goldene Kette mit einem dicken Diamanten in der Hand und zeigte sie ihr voller Freude.
„Ist sie nicht wunderschön?! Du solltest sie tragen. Diamanten sind der beste Freund eines Mädchens!“
Doch das Mädchen mit den roten Haaren zeigte wenig Begeisterung für den wertvollen Fund.
„Ich bin kein Mädchen und ich will auch keins sein“, antwortete sie patzig und warf die Kette achtlos zurück in den Trümmerhaufen. Sie hatte Tränen in den Augen.
„Ach, Schätzchen“, versuchte ihre Freundin sie zu trösten, „du wirst dich schon noch daran gewöhnen. Wir haben überlebt und sind gesund. Alles andere wird sich finden.“
„Ich will mich aber nicht daran gewöhnen! Ich will mein Leben zurück und wieder der sein, der ich bin!“
Das blonde Mädchen nahm sie in den Arm und strich ihr beruhigend über die Haare.
„Wir werden nicht aufgeben“, antwortete sie, „vielleicht gibt es einen Weg, dir zu helfen. Doch bis dahin solltest du es einfach hinnehmen wie es ist und nicht ständig dagegen ankämpfen.“
Langsam beruhigte sich ihre Freundin wieder und hörte auf zu schluchzen.
„Danke“, sagte sie ruhig, „was würde ich ohne dich tun?!“
„Ach, dafür sind Freunde doch da“, lächelte das andere Mädchen.
Eine Stadt in Trümmern
Um mich herum fiel die Welt in Schutt und Asche. Der Krieg hatte alles zerstört, was ich besaß und mir lieb und wertvoll gewesen war. Das Haus, in dem ich gelebt hatte, war im Bombenhagel dem Erdboden gleich gemacht worden und meine Freundin war von der einstürzenden Decke erschlagen worden.
Ich hatte vor dem Krieg einen guten Job gehabt, der mir Spaß gemacht hatte, und ich hatte gut verdient, so dass ich mir keine Sorgen um die Zukunft machte.
Alles hatte sich großartig entwickelt, meine Aktien hatten von dem Erfolg der großen Konzerne profitiert und wir besaßen mehr, als wir für unser tägliches Leben benötigten.
Mit einem gewaltigen Knall hatte sich die Welt wie ich sie kannte verändert. Ein kleiner Krieg zwischen zwei unbedeutenden Ländern der Dritten Welt war eskaliert, die Großmächte hatten sich eingemischt und plötzlich ging es um mehr, als den Grenzverlauf zwischen den Kriegsparteien.
Nach einem Atomschlag auf die gegnerische Hauptstadt, bei der zwanzig Millionen Menschen ums Leben kamen, wurden die größten Städte im Land angegriffen. Unsere Verbündeten traten dem Krieg bei und bald steckten wir in einem globalen Krieg.
Ich erinnere mich noch heute daran, wie das Geräusch von Explosionen die Stille durchbrach, wie die Luft erfüllt war von den Schreien der Verzweiflung. Menschen rannten um ihr Leben, während die Stadt in Flammen aufging. Dann herrschte hier nur noch eine gespenstische Stille, unterbrochen nur vom gelegentlichen Krachen einstürzender Gebäude.
Jetzt erstreckten sich überall nur noch endlose Trümmerfelder aus Beton und Stahl, die einst stolze Gebäude bildeten. Die Straßen waren ein Labyrinth aus Betontrümmern, die Häuser reduziert auf graue Überreste. Die Luft hing schwer von Staub und Rauch und es dauerte einige Stunden, bis sich der Staub auf die Trümmer gelegt hatte und mit einer dicken Schicht bedeckte.
Die Häuser, einst pulsierende Herzen des städtischen Lebens, standen nun als stumme Zeugen ihrer eigenen Zerstörung. Fensterscheiben waren zerschmettert, Mauern durchbrochen, und die Straßen waren von Fahrzeugwracks übersät. Die einst lebendige Stadt war nun ein Ort des Verfalls, ein Ort, an dem die Zeit zu einem stillstehenden Zeugen der Zerstörung geworden war.
Ich versuchte, in den Trümmern unseres Hauses noch etwas von meinen Habseligkeiten zu finden, doch es war aussichtslos. Die entstellte Leiche meines Nachbars lag mitten in den Resten seines Wohnzimmers, der Inhalt seiner Schrankwand um ihn herum verteilt, und ich hatte kaum noch Hoffnung, meine Freundin lebend aus den Trümmern zu bergen oder ihren Leichnam in Würde zu bestatten.
Das war der Moment, als ich mich entschied, das Viertel, in dem ich gelebt hatte, zu verlassen und mich nach einem Ort umzusehen, wo ich ein Dach über dem Kopf fand und noch einmal von vorne anfangen konnte. Vielleicht gab es die Chance, irgendwo auf dem Land ein neues Zuhause zu finden, doch ich war unschlüssig. Dieser Trümmerhaufen war meine Heimat gewesen.
Das Labor des Schreckens
In einer Nebenstraße sah es aus, als wäre der Schaden nicht ganz so riesig.
„Hörst du das?“ fragte Pierre, „das klingt fast wie ein Dieselmotor.“
Wir folgten dem Geräusch bis wir vor einem Gebäude standen, dessen Obergeschosse eingestürzt waren, das Erdgeschoss jedoch noch halbwegs erhalten war.
‚Biolab Research AG‘, stand auf einem verbeulten Schild am Eingang, ‚Zutritt streng verboten‘.
„Das sollten wir uns näher ansehen“, schlug Nathalie vor, „vielleicht finden wir dort, wonach wir suchen.“
Pierre schaffte es, das Schloss zu knacken, und wir öffneten die Türe.
„Hallo, ist hier jemand?“ rief er, doch wir erhielten keine Antwort.
Der Aufzug war außer Betrieb, doch es führte eine Treppe ins Untergeschoss, wo wir den Generator vermuteten.
Mit jedem Schritt knirschen Scherben der zerbrochenen Fensterscheiben unter meinen Schuhen.
Zwischen den Trümmern und Überresten zerstörter Geräte lagen Papierstapel und Laborausrüstung verstreut herum. Die Bildschirme waren dunkel waren und ihre Knöpfe und Schalter verstaubt. In den dunklen Ecken des Labors schienen sich geheimnisvolle Schatten zu verbergen, und ich hatte das Gefühl, dass wir beobachtet wurden.
An einer der Wände sah ich Bücherregale, auf denen verstaubte Bücher und Ordner mit Dokumenten standen. Der Geruch von Chemikalien und Ozon lag in der Luft. Gläser mit seltsamen Flüssigkeiten standen auf den Tischen, einige geborsten und ausgelaufen, andere noch intakt, aber längst verlassen.
In der Mitte des Raums stand eine Maschine, die von dem Notstromgenerator versorgt wurde. Ein Glaskolben enthielt eine fluoreszierende, grünlich schimmernde Flüssigkeit, die durch das Gerät gepumpt wurde.
„Wozu das Gerät wohl gut ist!“ wunderte ich mich, und auch Pierre war ratlos, was die Maschine für eine Funktion hatte.
Die Verwandlung
Die Stelle, wo ich die grüne Substanz berührt hatte, juckte fürchterlich. Ich zeigte sie Nathalie, die ziemlich besorgt aussah.
„Eine Verätzung vermutlich“, meinte sie, „das Zeug muss wohl irgendeine Säure enthalten haben. Dumm dass wir keine Salbe haben, damit sich die Wunde nicht entzündet.“
Stattdessen wickelte sie mir einen Stoffstreifen um die Hand, um die Wunde vor einer Infektion zu schützen. Mehr konnten wir im Augenblick nicht tun.
„Du siehst, wir müssen dringend eine Apotheke finden“, betonte sie noch einmal.
Abends fühlte ich mich matt und schwach und ich kroch früh in mein Bett, dachte aber an nichts Böses.
Ich schlief lange und Pierre weckte mich, als die Sonne längst aufgegangen war und die anderen mit ihrem einfachen Frühstück fertig waren.
„Was ist los mit dir?“ fragte er besorgt, „du siehst furchtbar aus!“
Doch momentan war in meinem Zustand nicht daran zu denken. Ich konnte nur hoffen, dass sich die Infektion nicht noch verschlimmerte.
Ich schloss die Augen und schlief schnell wieder ein. Mein Traum drehte sich um Nathalie und meine Tagträume folgten mir in den Schlaf. Nathalie und waren am Ufer eines Sees und ich hielt sie in meinen Armen. Sie sah mir in die Augen und wir küssten uns.
Als ich erwachte, juckte meine Haut am ganzen Körper, und als ich mich kratzte, fielen mir die Härchen auf meinen Armen und Beinen aus. Es beunruhigte mich nicht sehr und selbst als ich bemerkte, dass ich die Barthaare meines ungepflegten Bartes verlor, machte ich mir keine Sorgen. Rasieren war ein Luxus, der ohne elektrischen Strom zurzeit unmöglich war.
Doch dann vielen mir die beiden kleinen Schwellungen an meinem Oberkörper rings um meine Brustwarzen herum auf, fast wie bei einem jungen Mädchen, das sich zu einer Frau entwickelte. Das war seltsam und konnte nicht von einer zu reichhaltigen Ernährung kommen.
Nathalie kam zu mir, um nach mir zu sehen.
„Du hast dich verändert“, meinte sie, „ohne den Bart siehst du ungewöhnliche aus, beinahe ein bisschen feminin.“
Zwischen den Welten
Nathalie brachte mir neue Sachen zum Anziehen. Unterwäsche in allen möglichen Varianten von einfachen Slips bis zu aufregender Spitzenunterwäsche, einige bunte T-Shirts, Shorts und eine rote Latzhose.
Ich wählte ein paar einfache Sachen aus, Shorts und ein weites Shirt, das meine Figur so gut es ging verbarg.
„Ich bin froh, dich zu haben“, sagte ich zu ihr, „ich hätte das wohl alleine nicht durchgestanden.“
„Dafür sind Freunde doch da“, antwortete sie und lächelte, „und ich werde dir helfen, dich an alles zu gewöhnen.“
Ich nahm sie spontan in den Arm und drückte sie.
„Danke, das tut unwahrscheinlich gut. Weißt du, was das Schlimmste an meiner blöden Verwandlung ist? Ich wäre so gerne dein Freund gewesen.“
Ich wurde neugierig, als ich den ganzen Stapel mit den Sachen nach etwas durchstöberte, das nicht zu feminin aussah. Ein paar Shorts, einige der Shirts und ein paar der einfachen Slips ohne Blümchen oder Spitzensaum konnte ich akzeptieren.
Einige der anderen Wäschestücke waren für meinen Geschmack zu feminin, manche zu sexy, als dass ich sie tragen wollte. Ich war ein Kerl, und das änderte sich nicht dadurch, dass ich nun mal in einem weiblichen Körper feststeckte. Das konnte und durfte kein Dauerzustand sein! Ich wollte mein Leben zurück, wieder der Mann sein, der ich immer gewesen war und mich keinesfalls mit meiner Verwandlung abfinden. Ich wollte keine Brüste und eine Vagina haben, auch wenn mein Körper eine Figur besaß, mit der ich die Aufmerksamkeit jedes Mannes auf mich ziehen konnte.
Ich schlüpfte in eines der Höschen und ein kurzes Top und sah mich im Spiegel an. Das Mädchen, das mir aus dem Spiegelbild entgegensah und mich misstrauisch musterte, war hübsch. Mehr als hübsch sogar.
Lars hätte auf jeden Fall versucht, sie zu verführen!
Einkaufstour
Nathalie war natürlich gleich begeistert, als ich ihr erzählte, dass ich einer Verabredung mit Pierre zugestimmt hatte.
„Ich hab’s doch gewusst“, sagte sie zu mir, „du gewöhnst dich langsam daran und ich kann voll verstehen, dass Pierre dich mag.“
„Hey, er hat mich vor dem Spiegel erwischt, als ich die Wäsche anprobiert habe, die du mir gebracht hast. Er hat seine Chance gewittert, mich zu erobern. Offensichtlich passe ich ganz gut in sein Beuteschema.“
„Dafür ziehen Mädchen sich hübsch an“, lachte sie, „Männer reagieren zuverlässig auf optische Reize. Lass ihn einen Hauch deiner Schönheit sehen, und er wird alles versuchen, um mehr davon zu bekommen.“
„Das kann ich nur bestätigen“, antwortete ich, „Lars war genauso. Er konnte einem runden Arsch und einem verführerischen Blick nie widerstehen.“
Die kleine Boutique war ebenfalls größtenteils zerstört worden. Auf einer Seite war das Dach eingestürzt und hatte die Regale und Kleiderständer unter sich begraben.
Die andere Seite konnte man betreten wenn man durch eins der zerbrochenen Fenster kletterte. Der Boden, einst poliertes Parkett, war nun von Schmutz und Staub bedeckt. Überall lagen zerbrochene Kleiderständer und zerschlissene Kleidungsstücke verstreut herum, als stumme Zeugen einer vergangenen Zeit des Überflusses.
Die Spiegel waren trübe und verzerrt, und ihr silberner Glanz war von einer schmutzigen Patina überzogen. Ein zerbrochener Kronleuchter hing von der Decke herab, ein trauriges Symbol für den Verfall des Geschäfts. In einer Ecke stand ein verlassenes Regal, auf dem ein paar verblasste Parfümflaschen standen, ihre Etiketten kaum noch lesbar.
Auch Nathalie wählte sich ein paar Kleider aus und probierte sie an. Ein rotes stand ihr gut, war aber ein bisschen zu eng. Schließlich entschied sie sich für ein kurzes blaues Kleid, das prima zu ihren blonden Haaren passte.
Wir fanden noch mehr Sachen, die wir brauchen konnten, probierten einige davon an und ich war erstaunt, wieviel Spaß es mir machte. Mit keiner meiner ehemaligen Freundinnen hatte ich es ertragen, stundenlang in irgendeinem Laden herumzusitzen und ihr zuzusehen, wie sie irgendwelche Sachen anprobiert hatte und sich endlos in Spiegel angesehen hatte. Jetzt war es ein unterhaltsamer Zeitvertreib und mit Nathalie war es lustig und kein bisschen langweilig.
Schließlich packten wir unsere Beute ein und verließen den Laden.
Die Suche nach einem Neuanfang
Schließlich kam, woran ich überhaupt nicht mehr gedacht hatte, und ich war Nathalie extrem dankbar, dass sie bei unserer Einkaufstour dafür gesorgt hatte, dass ich wenigstens ein bisschen darauf vorbereitet war: ich bekam meine erste Periode.
Es begann mitten in der Nacht mit heftigen Krämpfen und einer kleinen Blutlache in meinem Bett.
Schlaftrunken tastete ich im Halbdunkel nach der kleinen Schachtel in der Kiste mit meinen einigen Habseligkeiten, nahm eins dieser gruseligen Dinger aus der Verpackung und platzierte es an Ort und Stelle, bevor ich mich umzog und mein Bett frisch bezog.
Ich musste Nathalie fragen, ob man es nicht vorher merkte, bevor es wieder ein Unglück gab.
Nach dem Frühstück verzog ich mich wieder ins Bett und versank in Selbstmitleid. Konnte es denn noch schlimmer werden?!
Das Leben hier zwischen den Trümmern war ja eigentlich schon schlimm genug. Wieso musste ich jetzt auch noch in diesem Körper mit seinen ganzen lästigen Nebenwirkungen feststecken?!
Ich wollte mein normales und sorgloses Leben zurück, ein Kerl sein und meine Freiheit genießen.
Am späten Abend ging es mir etwas besser und ich gesellte mich zu den anderen, die auf einem freien Platz zwischen den Trümmern ein Feuer gemacht hatten und aus den erbeuteten Lebensmitteln einen Eintopf zubereiteten.
„Geht’s dir besser?“ fragte mich Nathalie.
„Ja, danke“, antwortete ich, „der Duft von Essen hat mich rausgelockt.“
„Du bist ziemlich wehleidig“, sagte Melanie zu mir, „und ganz schön verwöhnt. Ich wette, du hast dich vor dem Krieg nie um irgendetwas ernsthaft Sorgen machen müssen. Ich bin im Ghetto aufgewachsen. Für mich war es normal, dass ich jeden Tag ums Überleben gekämpft habe. Schwarze Mädchen werden überall wie Dreck behandelt, werden verprügelt, vergewaltigt oder umgebracht. Wenn ich meine Tage hatte, hat niemand darauf Rücksicht genommen, musste die Zähne zusammenreißen und arbeiten.“
„Tja, wir sind eben doch nicht alle gleich“, antwortete ich unverbindlich. Melanie klang fast, als würde sie triumphieren, weil sie sich an unsere Situation besser angepasst hatte, als ich.
Ein romantisches Date
Pierre war immer in der Nähe und je länger ich darüber nachdachte, umso mehr wurde mir klar, dass ich auch mit ihm ausgehen wollte. Vielleicht war es das Bedürfnis nach Normalität, das ich immer mehr verspürte, aber es wurde auch mehr und mehr zu dem Gefühl, dass ich mehr wollte, als ’nur‘ mit ihm befreundet zu sein.
Ich wusste, er wartete auf eine Antwort, doch er drängte mich nicht, aber er kam immer wieder auf subtile Weise darauf zurück, und ich spürte, dass es ihm sehr wichtig war.
Obwohl mir mein Kopf immer wieder sagte, dass ich nicht mit einem Kerl zusammen sein wollte, war mein Bauchgefühl schließlich so groß, dass ich ihm verkündete, ich wollte mit ihm ausgehen.
„Keine Ahnung, was du dir ausgedacht“, sagte ich zu ihm, „und ich vermute, gemütlich irgendwo Pizza essen zu gehen, ist keine Option. Aber ich habe mich entschieden, es zu versuchen. Keine Ahnung, wo das hinführen wird, aber ich bin bereit, es auf mich zukommen zu lassen, denn ich bin einfach gerne mit dir zusammen.“
„Wohin gehen wir denn?“ fragte ich ihn, als wir uns trafen und uns auf den Weg machten.
„Vor dem Krieg war die St. Johannes-Kirche eine der schönsten Kirchen in der Stadt“, antwortete er, „es ist einer meiner persönlichen Lieblingsorte hier. Ich bin oft dort gewesen, um die Stille und den Frieden dort zu genießen, dem Klang der Orgel zu lauschen, meine Gedanken zu sortieren und eine Kerze für die Menschen, die mir wichtig waren, anzuzünden.“
„Glaubst du denn an Gott?“
„Irgendwie schon“, antwortete er nachdenklich, „aber ich hatte nie das Gefühl, dass ich ihn wirklich brauchen würde. Erst nachdem der Krieg alles zerstört hatte, was mir wichtig war, habe ich angefangen zu beten. Und ich habe natürlich sehr viele Kerzen angezündet.“
„Jetzt hast du mich neugierig gemacht!“ sagte ich und lächelte.
Wir erreichten die Kirche nach etwa einer halben Stunde und ich hätte niemals vermutet, dass es eine Kirche war, denn der Turm komplett eingestürzt. Auch ein großer Teil der Decke und die Wände auf der Westseite waren eingestürzt, der Chorraum mit dem Altar und dem Kreuz waren jedoch verhältnismäßig gut erhalten.
Überall lagen Trümmer verstreut, als stumme Zeugen der Zerstörung, verschmolzene Kerzenstummel und zersplitterte Heiligenstatuen.
Nun jedoch herrschte hier nur noch Stille, unterbrochen nur vom gelegentlichen Knirschen unter meinen Schuhen, wenn ich über die Trümmer ging. Der Geruch von Rauch und Verwesung hing in der Luft und die Kälte der Steinmauern durchdrang meine Kleidung. Ich konnte mir nur schwer vorstellen, wie diese Kirche einst in voller Pracht erstrahlt haben musste.
Eine gefährliche Begegnung
Wir rasteten auf einer kleinen Anhöhe und sahen uns um. In einigen Teilen der Stadt hatten wir noch nicht nach Beute in den Trümmern gesucht und wir entdeckten einen Stadtteil, der von weitem recht vielversprechend wirkte.
„Siehst du das rote Gebäude dort drüben?“ fragte mich Nathalie, „dort steigt Rauch auf.“
„Hmm, entweder fast in den Trümmern irgendetwas Feuer gefangen“, antwortete ich, „oder jemand macht dort ein Feuer und kocht sich sein Mittagessen.“
„Das habe ich gerade auch gedacht. Komm, lass uns nachsehen. Vielleicht gibt es dort auch noch Überlebende. Das könnte nützlich für uns sein.“
Etwa eine halbe Stunde später hatten wir das rote Haus und die Quelle des Rauchs gefunden. Eine kleine Gruppe saß um das Feuer herum. In einem großen Topf köchelte Essen und ein Duft von würzigem Gemüse breitete sich aus.
„Hallo zusammen“, begrüßte ich sie, „es ist schön, dass wir euch gefunden haben. Offensichtlich sind wir nicht die einzigen Überlebenden hier.“
Ein großer Kerl mit ungepflegten Haaren und einer zerrissenen Hose fuhr hoch, starrte uns an und richtete eine Waffe auf uns.
„Bleibt wo ihr seid!“ rief er uns zu, „wir haben keine Verwendung für Diebe und Plünderer.“
„Bringt sie runter in den Keller“, befahl er den anderen, „und passt auf, dass sie nicht ausreißen.“
Der Keller, in dem sie uns einsperren, war ein feuchtes und schäbiges Loch. Die Wände waren schief und die Kellertüre ließ sich zum Glück nicht abschließen, doch solange sie uns bewachten, war an eine Flucht nicht zu denken.
„Wir sollten hier so schnell wie möglich verschwinden“, meinte Nathalie, „die Kerle sind echtes Ungeziefer. Ich bin sicher, sie waren schon vor dem Krieg unausstehlich und brutal.“
Erinnerungen
Es dämmerte schon, als ich den alten Friedhof betrat. Das moosbewachsene Pflaster unter meinen Füßen knirschte, als hätte es seit Jahrhunderten keinen Besucher mehr gehabt. Zwischen den verwitterten Grabsteinen stieg Nebel auf und tauchte sie in ein gespenstisches Licht.
Die Äste der alten Bäume reckten sich wie knöcherne Finger in den dunklen Himmel, und das sanfte Klagen des Windes erzeugte eine unheimliche Melodie, die durch die Stille der Nacht hallte. Das Rascheln der Blätter und das gelegentliche Knacken von Ästen ließen mich zusammenzucken, während ich meinen Weg zwischen den Gräbern hindurch suchte.
Die Grabmale, von der Zeit gezeichnet, ragten schief und verzerrt empor, einige bedeckt von Flechten und Moos, andere von Ranken umschlungen. Die Inschriften auf den steinernen Platten waren kaum noch lesbar. Sie waren längst verblasst, überwuchert und von Rissen durchzogen.
Das Knarren des verrosteten Eisentors hallte durch die Dämmerung, in der Ferne erklang das leise Heulen eines Kauzes und doch war der Friedhof ein Ort der Ruhe, wo ich meine Gedanken sortieren konnte.
Erinnerungen kamen auf. Irgendwo befand sich das Grab meiner Großeltern. Als kleiner Junge hatten mich meine Eltern mich zu ihrer Beerdigung mitgenommen und ich hatte ihr Hunderte Fragen gestellt, die sie mir geduldig beantwortet hatte.
Andere Erinnerungen wirbelten durch meinen Kopf. Begegnungen mit Menschen, die mir etwas bedeutet hatten, ein Lehrer, der mich gefördert hatte, meine Tante, die mich mit ihrer fröhlichen und humorvollen Art aufgemuntert hatte, wenn ich es als Teenager wieder einmal vor Liebeskummer kaum noch ausgehalten hatte, das fröhliche Lächeln in den Augen meiner ersten Freundin, bei der ich gedacht hatte wir würden für immer zusammenbleiben und der ich das Herz gebrochen hatte, weil ich einer anderen nicht widerstehen konnte.
Ein diesem Moment verstand ich, was meine Erinnerungen bedeuteten, und ich rannte zu Pierre, um es ihm zu sagen.
„Es sind die Menschen, an die ich mich erinnere! Begegnungen, Gespräche, gute Ratschläge und weise Worte. Natürlich erinnere ich mich auch an viele Orte, wo ich gewesen bin und mich wohlgefühlt habe. Doch sie sind austauschbar und immer mit den Leuten verknüpft, mit denen ich dort gewesen bin.“
Ein düsteres Geheimnis
Langsam bildete sich eine Mehrheit derjenigen, die für einen Neuanfang außerhalb der Stadt waren. Auch Nathalie und Tom wollten unbedingt an einen Ort, an dem wir uns keine Sorgen mehr um unsere Sicherheit mehr machen mussten.
Doch bevor wir aufbrechen wollten, gab es noch einiges zu tun. Wir mussten uns einen kleinen Vorrat von Lebensmitteln anlegen, um auf dem langen Marsch genug Verpflegung zu haben, und wir mussten uns das Nötigste zusammensuchen, damit wir die Dinge, die wir nicht selber herstellen konnten, mitnehmen konnten.
„Zum Beispiel Kondome“, flüsterte mir Nathalie ins Ohr.
Und auch ich hatte noch etwas zu erledigen, bevor wir uns auf den Weg machten. Ich wollte dem Labor von ‚Biolab Research AG‘, in dem die Maschine stand, die mich verwandelt hatte, noch einen Besuch abstatten und mehr über die Aktivitäten der Forschungen herausfinden, die dort durchgeführt worden waren.
Pierre begleitete mich in das geheimnisvolle Labor, um mehr über die geheimnisvolle grüne Substanz, die mich verwandelt hatte, herauszufinden.
„Fass ja nichts an!“ beschwor ich ihn, doch er grinste nur.
„Schau mal, ich habe ein Paar Handschuhe dabei“, antwortete er, „ich habe keine Lust darauf, mich ebenfalls zu verwandeln.“
„Ja, besser so!“
Wir stiegen wieder ins Untergeschoss und betraten das Labor. Die Maschine war immer noch in Betrieb und die grüne Flüssigkeit hatte inzwischen alle Glasbehälter gefüllt, die mit ihr verbunden waren.
Ich blätterte weiter und erstarrte, als ich auf der übernächsten Seite ein bekanntes Gesicht erblickte, mit dem ich nicht gerechnet hatte: der Mann mit der Waffe, der Nathalie und mich entführt und gefangengenommen hatte!
Axel Meyer, 28 Jahre, Geschäftsführer und Eigentümer des ‚Jardin des Filles‘.
„So ein Arsch!“ rief ich aus, „aber das wundert mich nicht. Nach dem Krieg ist sein Geschäft wie ein Kartenhaus zusammengefallen und die Hoffnung auf riesige Gewinne wie eine Seifenblase geplatzt.“
Unerwarteter Reichtum
Unsere Freunde waren entrüstet, als Pierre ihnen die Dokumente zeigte, die er mitgenommen hatte.
„Erinnerst du dich am das große, rote Haus, dass wir gesehen haben, kurz bevor wir überfallen worden sind?“ fragte mich Nathalie, „ich wette, das ist dieses Etablissement, von dem hier die Rede ist.“
„Würde mich nicht wundern“, antwortete ich, „und dieser Meyer war ganz in der Nähe.“
„Vielleicht sollten wir ihm einen kleinen Besuch abstatten“, schlug Tom vor, „und den ganzen Laden zerlegen.“
Wir konzentrierten uns auf eine Ecke der Stadt, wo wir noch nicht auf Beutezug gewesen waren. Tom hatte uns einen improvisierten Hammer mitgegeben, mit dem wir die Autoscheiben einschlagen konnten, wenn wir etwas Interessantes darin sahen.
In Richtung Süden schloss sich ein besseres Wohnviertel ans Zentrum der Stadt an. Hier waren es nicht die riesigen Hochhäuser, die den Stadtteil beherrscht hatten und in deren Trümmer es schwierig war, nach brauchbaren Dingen zu suchen. Meistens waren es Mehrfamilienhäuser mit Doppelgaragen, einer Tiefgarage oder einem Carport vor dem Haus.
Abseits der Reihenhäuser stand ein altes Haus, das unser Interesse weckte. Wir betraten einen großen, verwilderten Garten, der von einer dichten Hecke umgeben war. Wilde Blumen hatten sich zwischen dem Unkraut breitgemacht und einer Ecke stand ein kleiner Holzschuppen.
„Lass uns nachsehen, ob wir dort noch Werkzeuge finden“, schlug ich vor, „wenn wir auf dem Land Gemüse anbauen wollen, wäre ein Spaten oder eine Hacke sehr nützlich.“
Die schiefe Tür ließ sich ohne große Mühe öffnen und als wir den Schuppen betraten, trauten wir unseren Augen kaum: In dem alten Geräteschuppen fanden wir einen Schatz, der früher vermutlich einen hohen Wert gehabt hatte. Riesige Stapel Geldscheine waren hier gelagert worden, Fünfziger und Hunderter fein säuberlich gebündelt. Der ganze Boden und ein alter Tisch waren davon bedeckt und als wir den Schuppen betraten, knirschten die Bündel unter unseren Stiefeln.
„Wow, wir sind reich“, rief Nathalie, „so viel Geld, das niemandem etwas nützt.“
Feuer und Rauch
Es war längst dunkel über in den Trümmern der Stadt, nur der Nachtclub war hell erleuchtet.
Wir versammelten uns auf der anderen Straßenseite hinter dem Wrack eines Lastwagens. Tom hatte einen kleinen Karren organisiert, der mit einem Sack Kartoffeln und den Benzinkanistern schwer beladen war und wir sahen hinüber zu den bunten Lichtern des ‚Jardin des Filles‘, das zu später Stunde lebendig geworden war.
„Wir holen die Kanister später“, erklärte uns Tom, „Jessica wird uns durch den Hintereingang nach draußen bringen und dann legen wir das Feuer. Am besten sucht ihr euch in dem Hof hinter dem Haus ein sicheres Versteck. Dort steht noch ein Lieferwagen, der euch Deckung gibt. Von dort aus werden wir dann verschwinden. Alles klar?“
Er sah Pierre an, der langsam nickte.
„Es wird schon funktionieren“, antwortete er, „Jessica und die anderen werden alles tun, um dieser Hölle zu entkommen, und Meyer hat keinen Grund, Verdacht zu schöpfen.“
Nathalie und ich warteten unruhig hinter dem alten Lieferwagen. Die Benzinkanister standen bereit und wir hörten auf die Musik, die aus dem Inneren nach draußen dröhnte.
„Zu gerne würde ich mal wieder ein einen Club gehen“, flüsterte ich ihr zu, „mich von dem Beat der Musik mitreißen lassen und bis in den frühen Morgen tanzen.“
„Ja, das wäre schön“, antwortete sie, „aber nicht in diesem elenden Laden, wo sich geile, alte Männer für einen Sack Kartoffeln ein Mädchen kaufen, um ihren Spaß zu haben.“
Die Zeit zog sich wie ein Kaugummi in die Länge und ich begann langsam, mir Sorgen zu machen. Würde der Plan funktionieren? Schafften es Pierre und Tom, die Mädchen zu befreien? Oder war der ganze Plan eine Falle, die sie in Schwierigkeiten gebracht hatte?
Dann endlich öffnete sich die Hintertüre und ein paar dunkle Gestalten huschten ins Freie, sahen sich um und kamen dann zu uns herüber.
Sie griffen sich die Kanister und verschwanden so lautlos wie sie gekommen waren durch die Türe.
„Kommt“, zischte ich den Mädchen zu, „lasst uns verschwinden. Zwei von euch kommen mit mir und die anderen gehen mit Nathalie. Wir bringen euch in Sicherheit.“
Hoffnung am Horizont
Es wurde ein kleines Fest, das wir mit einfachen Mitteln vorbereiteten. Tom und Nathalie brieten Bratkartoffeln auf dem Feuer und ich hatte Gelegenheit, die vier Mädchen etwas besser kennenzulernen.
Der Reihe nach stellten sich die Mädchen vor, erzählten und von ihrer Verwandlung, den Arbeitsbedingungen im ‚Jardin des Filles‘ und ihrem Leben davor.
Jessica hieß früher Jens und hatte als Schreiner in einer kleinen Werkstatt gearbeitet, die antike Möbel renoviert hatte und besondere Stücke für ihre Kunden gefertigt hatte.
Mit der Verwandlung war sie besser klargekommen, als mit der Gefangenschaft und der Arbeit in dem Nachtclub.
Unser Wagen war schwer beladen. Wir konnten nur das Nötigste mitnehmen, und trotzdem war es nicht viel, was wir besaßen.
Lebensmittel, unser weniger persönliche Besitz, Kleidung und Werkzeuge stapelten sich hoch und jeder von uns hatte noch eine Tasche oder einen Rucksack zu tragen.
Wir kamen nur langsam voran. Immer wieder mussten wir Hindernisse aus dem Weg räumen, einen Umweg machen oder den Wagen mit vereinten Kräften über ein großes Trümmerteil tragen.
Unsere Reise war anstrengend, aber gemeinsam schafften wir es, voranzukommen, und am frühen Abend erreichten wir die Stadtgrenze.
Wir fanden einen Platz, wo wir unser Lager für die Nacht aufschlagen konnten, sammelten Feuerholz und bald erfüllte der Duft von Essen die Luft.
Ernte
Es gab viel zu tun, um unseren Hof zu bewirtschaften. Nathalie und ich kümmerten uns um den Garten, jäteten das Unkraut und pflanzten Salat und Gemüse an. In einer Ecke gab es einen Kräutergarten und es war herrlich, unser Essen damit zu würzen.
Auch Jessica hatte genug Arbeit. Ihre handwerkliche Geschicklichkeit war immer wieder gefragt, wenn eine Türe nicht richtig funktionierte, ein Dach ausgebessert werden oder ein Möbelstück repariert werden musste.
Pierre und Tom arbeiteten mit ein paar anderen auf dem Feld. Ohne einen Traktor oder Mähdrescher das Korn zu ernten und zu verarbeiten, war nicht ganz einfach, doch die beiden waren kreativ und fanden eine Methode, das Korn zu dreschen und zu einem groben Mehl zu verarbeiten.
Das erste Brot, das wir daraus packten, schmeckte herrlich. Es waren die ganz einfachen Dinge, die wir am meisten vermisst hatten.
Laura und Jessica kamen ein paar Tage später aus einem der Nachbardörfer zurück, die sie besucht hatten.
„Wir haben euch etwas mitgebracht“, verkündeten sie freudestrahlend und reichten mir ein paar Packungen mit Blumensamen, „es gibt dort eine Gärtnerei, in der man noch viel zum Plündern findet. Setzlinge, Samen, Blumentöpfe, Gartengeräte und vieles mehr. Damit können wir noch viel mehr anbauen, als bisher.“
„Das ist ja großartig“, antwortete ich überglücklich, „wir könnten einen Spaten und eine Gießkanne gut gebrauchen. Dann können wir die Beete vergrößern und noch mehr Gemüse anbauen.“
„Mach uns eine Liste“, versprach Laura, „und wir bringen dir beim nächsten Mal, was du brauchst.“
Akzeptanz
Mit Pierre zusammen zu sein war toll. Er war anders, als die anderen Kerle, die ich gekannt hatte, als ich selber noch einer war. Heute bereue ich, dass ich damals nicht wirklich geliebt hatte, nie ein Mädchen näher an mich herankommen lassen hatte und mit ihr mehr geteilt hatte, als das Bett und ein schnelles Frühstück.
Ich erwachte ausgeruht und mit einem Lächeln im Gesicht. Selbst in meinen Träumen war er bei mir und meine Gedanken drehten sich immer wieder um ihn. Ich liebte ihn mit Leib und Seele, und ich wollte niemals einen anderen, als ihn.
Das Bett neben mir war leer und ich fand eine Nachricht von ihm, dass er in den Garten zum Gießen gegangen war und etwas fürs Frühstück mitbringen würde.
Ich räkelte mich im Bett und gähnte. Ohne meinen morgendlichen Kaffee brauchte ich eine Weile, bis ich so richtig wach war, und ich beschloss, auf Pierre zu warten.
Und plötzlich dachte ich an mein altes Leben und das, was Nathalie zu mir gesagt hatte:
Du wirst dich schon daran gewöhnen. Es ist gar nicht so übel, eine Frau zu sein.
Wie recht sie doch gehabt hatte, auch wenn ich es nicht akzeptiert hatte, als sie es gesagt hatte! Ich hatte mich besser daran gewöhnt, als ich es erwartet hatte. Ich genoss es, hübsche Kleider und aufregende Wäsche zu tragen, mich im Spiegel darin zu betrachten, Pierres bewundernde Blicke zu beobachten und seine kleinen Komplimente zu hören.
Ich ging zu dem Spiegel und betrachtete mich versonnen. Ich war tatsächlich schön. Meine langen, roten Haare waren selbst ungekämmt und ungebändigt ein toller Anblick, meine Haut war von der Sonne gebräunt und die Sommersprossen in meinem Gesicht hatten sich prächtig entwickelt.
Und in der süßen Spitzenunterwäsche sah ich absolut begehrenswert aus. Mein Körper war jung und schlank, die Beine lang, fast ein bisschen mager und meine Rundungen sehr feminin.
Lange hatte ich mich dagegen gesträubt, mich daran zu gewöhnen und gehofft, es würde einen Weg geben, wieder meinen ’normalen‘ Körper zurückzubekommen.
Doch jetzt war ’normal‘, was ich jetzt war.
Epilog
Axel Meyer war verzweifelt. Er hatte alles verloren. Er stand in den Trümmern des ‚Jardin des Filles‘ und starrte auf die Überreste seines Clubs.
Die Maschine war eine geniale Erfindung gewesen. Auf diese Weise hatte er immer Nachschub an hübschen, jungen Mädchen gehabt und seine Kunden waren mehr als zufrieden gewesen. Doch das war jetzt vorbei. Die Maschine funktionierte nicht mehr und der Club war zerstört.
Seine Freunde hatten ihn im Stich gelassen und selbst von seinen Stammkunden konnte er nicht viel erwarten. Jeder musste in dieser Situation selber sehen, wo er blieb.
Es gab keinen Ausweg mehr. Sollte er jetzt zwischen den Trümmern ein Leben in Armut führen?
Das Spiel war aus. Er würde kein Leben als Vagabund in diesem Chaos führen, das kam für ihn nicht in Frage.
Ein sauberer Schuss und alles war vorbei. Er hatte keine andere Wahl.
Meyer nahm seine Waffe aus dem Jackett und sah sie lange an, bevor er sie entsicherte und sich an den Kopf hielt.
Niemand hörte den Schuss und den Aufprall, als sein toter Körper inmitten der Trümmer auf dem Boden aufschlug.
Die sommerliche Hitze machte nicht nur unserem Garten zu schaffen. Das war einer der Tage, an dem ich wieder einmal erkannte, dass unsere Entscheidung, uns am Thannsee niederzulassen, richtig gewesen war.
Der See versprach Abkühlung und das kam uns gerade Recht. Pierre hatte irgendwo in einem Sportgeschäft einen Badeanzug für mich aufgetrieben und ich fühlte mich vom Wasser wie magisch angezogen.
Schwimmen zu gehen war der perfekte Zeitvertreib, um einmal gründlich abzuschalten, damit meine Gedanken nicht ständig um meine lange Liste von Dingen kreiste, die ich unbedingt so schnell wie möglich tun wollte.
Das Wasser war herrlich und ich fühlte mich ganz in meinem Element. Ich schwamm eine große Strecke und legte mich anschließend ins weiche Gras am Seeufer.
In dem riesigen Trümmerhaufen der Stadt ich hatte gelernt, mit wenig auszukommen und dennoch zufrieden zu sein, und mit eigenem Willen und Bemühungen ein Ziel zu erreichen, selbst wenn es unerreichbar schien.
Ich hatte gelernt, wie wichtig gute Freunde waren, die in allen Situationen zusammenhielten und sich gegenseitig unterstützten.
Und ich hatte zu mir selbst gefunden und war trotz allen widrigen Umständen glücklich.
ENDE
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