Ein weiteres Comic zu meiner Geschichte Die Gabe der Unsterblichkeit. Viel Spaß!
Prolog
Über der alten Arena ging sie Sonne unter und der Himmel färbte sich in den warmen Farben des Abendlichts.
Im Innenraum brannten Fackeln und auf den unteren Rängen der steinernen Stufen saßen wenige Zuschauer, die den bevorstehenden Kampf mit Spannung erwarteten.
Beide Kontrahentinnen hatten eine Gruppe von Freunden und Anhängern mitgebracht, die sich in sicherer Entfernung gegenübersaßen. Aufgeregt wurde diskutiert und spekuliert, wie der Kampf ausgehen würde und wer von den beiden die besseren Chancen hatte, die Nacht zu überleben.
Dann standen sich die beiden Kämpferinnen gegenüber, den harten Stahl ihrer Schwerter fest in der Hand. Eine kurze Zeit lang sahen sie einander schweigend an.
„Zeit zu sterben, Bitch“, zischte die eine der anderen zu und sah sie hasserfüllt an.
„Ich habe keine Angst davor“, antwortete ihre Gegnerin ruhig, „ich verspreche dir einen schnellen Tod ohne lange Qualen.“
„Das werde ich dir nicht versprechen“, fauchte die andere, „der Tod allein ist nicht Strafe genug für dich.“
„Das werden wir ja sehen.“
Der Frühling kommt
Das Jahr 157 unserer Zeitrechnung war ein gutes Jahr. Nach dem langen Winter war endlich der Frühling gekommen und überall begann es zu blühen.
Wir waren von Überfällen anderer keltischen Stämme verschont geblieben und unser kleiner Hof außerhalb unserer Siedlung gab es viel zu tun.
Moran und ich kümmerten uns um die Schafe. Unsere kleine Herde war sein ganzer Stolz. Zu lange waren sie in den Ställen eingesperrt gewesen und es war deutlich zu spüren, wie sie sich über die Freiheit auf ihrer Weide freuten.
Auch in der Schmiede gab es zu tun. Aus den Dörfern der Umgebung brachten die Menschen ihre Pferde und Moran hatte alle Hände voll zu tun, neue Eisen für ihre Hufe anzufertigen und sie zu beschlagen.
Die Vorräte hatten gut für den Winter gereicht und auch Feuerholz gab es genug.
Schon von weitem sah ich die dunklen Rauchschwaden, die von der Siedlung aufstiegen, und wusste sofort, dass etwas Schreckliches geschehen war. Ich trieb Jocelyne an und wir galoppierten das letzte Stück des Weges nach Hause, von der Angst um meine Familie angetrieben.
Die Höfe unserer Siedlung brannten lichterloh und schnell griff das Feuer von einem Haus auf das nächste über.
Menschen und Vieh liefen aufgeregt hin und her, ich hörte Schmerzensschreie und Wehklagen und in den Gassen lagen einige leblose Körper.
Von unserem Hof war nicht mehr viel übrig geblieben. Moran und Jannic waren in der Schmiede von den Eindringlingen, die unsere Siedlung überfallen hatten, überrascht und erschlagen worden, und von Laoise fehlte jede Spur. Der Garten war zertrampelt und die Vorräte und Ställe geplündert worden.
Nachfahren
Ich war ein wenig nervös, als ich bei Lady Ivona an die Türe klopfte. Das Herrenhaus, in dem sie residierte, war beeindruckend, und ich machte mir Gedanken, ob sie mir meine Geschichte glauben würde.
Ihre Zofe öffnete und fragte mich nach meinem Begehr.
„Ich würde gerne Lady Ivona sprechen“, sagte ich zu ihr, „ich bin auf der Suche nach lebenden Mitgliedern meiner Familie.“
„Ihr seht meiner Herrin ähnlich“, antwortete die Zofe, „ich werde ihr Anliegen Lady Ivona vortragen.“
Sie bat mich herein und führte mich in eine gemütliche Stube, wo ich auf sie warten sollte.
Wenig später erschien Lady Ivona, eine vornehme Dame, die in aufwändig besticktes Gewand gekleidet war, und begrüßte mich.
Auch sie bemerkte unsere Ähnlichkeit und sie war neugierig auf das, was ich zu erzählen hatte.
„Sie sieht meiner Ahnin Luisa von Lyttleburye ähnlich“, stellte sie fest, „ich wusste nicht, dass wir Verwandte auf der anderen Seite des Kanals haben.“
Sie zeigte mir ein Gemälde, das in ihrem Studierzimmer hing und das meine Tochter als erwachsene Frau zeigte. Auch hier war ihre Ähnlichkeit mit mir, aber auch mit Moran unverkennbar.
„Sie war meine Tochter“, flüsterte ich und sie sah mich erstaunt und ungläubig an.
„Aber… das ist vollkommen unmöglich!“ antwortete sie bestimmt.
„Unser Dorf wurde von keltischen Soldaten geplündert“, erzählte ich ihr, „mein Mann und mein Sohn wurden bei dem Überfall getötet und meine Tochter Laoise verschleppt. Es sieht ganz so aus, als hätte sie hier ein neues Zuhause gefunden.“
„Doch wie ist das möglich?“ fragte sie zweifelnd, „das liegt schon einige Jahrhunderte zurück.“
„Ich bin unsterblich“, antwortete ich, „wie es dazu gekommen ist, kann ich nicht erklären. Doch es ist die Wahrheit, auch wenn Ihr es mir kaum glauben werdet.“
Pest
Das schöne Leben hatte ein jähes Ende, als in Dresden die Pest ausbrach, denn es traf die Stadt völlig unvorbereitet.
Zuerst waren es nur einzeln Fälle, die von der Seuche dahingerafft wurden, doch bald wurden es immer mehr, so dass ich mehr Blumen an Friedhöfe liefern musste, als zu Hochzeiten.
Als es schließlich immer mehr Tote gab, worden die Stadttore geschlossen, damit sich die Krankheit nicht weiter ausbreiten konnte.
In der Gärtnerei arbeiteten wir bis spät in die Nacht, schmückten Särge, solange es noch Holz dafür gab, und dekorierten die Gräber der Opfer.
Der Meister und seine Familie unter den Opfern der größten Ansteckungswelle und so versuchte ich zusammen mit den Gesellen und Lehrlingen so lange es ging den hohen Bedarf an Blumenschmuck zu erfüllen.
Endlich hatte ich die Krankheit überstanden und es ging mir besser. Doch noch immer wütete die Seuche in der Stadt und täglich wurden neue Tote auf einen großen Platz am Ufer der Elbe gebracht, um sie zu verbrennen.
Die Friedhöfe waren voll und es gab niemanden mehr, der so viele Gräber ausheben konnte.
Der Gestank war unerträglich und ich konnte es nur ertragen, indem ich mir ein Tuch über Mund und Nase band.
Während die Männer die Wagen entluden und die Toten ins Feuer warfen, gingen die Frauen durch die Reihen und sahen nach Dingen, die sie in den Taschen ihrer Gewänder hatten, nahmen ihnen den Schmuck ab und versuchten nach Hinweisen, die wir ihren Angehörigen geben konnten, doch bei den meisten konnten wir nicht einmal die Namen feststellen.
Abends fiel ich todmüde ins Bett und das Grauen des allgegenwärtigen Todes verfolgte mich bis in meine Träume.
Düstere Zeiten
Waren meine Heilkünste beim Kampf gegen die Pest noch eine willkommene Hilfe für meine Mitmenschen, wurde ich mit der Zeit immer wieder sehr kritisch beäugt.
Am Ende des 16. Jahrhunderts hatte ich in Süddeutschland einen großen Hof und auch dort legte ich einen großen Kräutergarten an, setzte die geernteten Kräuter in Branntwein an und bot sie als Arznei gegen die unterschiedlichsten Leiden und Krankheiten an.
Natürlich gefiel das nicht jedem, vor allen Dingen die hohen Herren der Umgebung beobachteten meine Aktivitäten sehr kritisch.
„Was soll denn so ein bitteres Gebräu gegen Krankheiten helfen?“ sagte der Doktor zum Pastor, „wir wissen doch genau, dass nur ein fachkundig ausgeführter Aderlass Linderung und Heilung bringen kann.“
„Und ein gläubiges Herz“, fügte der Pastor hinzu, „wer den Herrn um Heilung bittet und für seine Sünden Buße tut, findet Gnade vor dem Herrn und wird errettet.“
Erst am sechsten Tag meiner Haft kamen sie schließlich zu mir, und zerrten mich aus meiner Zelle. Ich wurde ein einen hölzernen Käfig gesperrt, der auf einem Fuhrwerk geladen war, und ich wurde auf den großen Marktplatz gebracht.
Dort war ein Scheiterhaufen aufgerichtet worden, der von Soldaten bewacht wurde. Eine Menge Volk war gekommen, um das makabre Schauspiel zu betrachten, und der Bischof selbst war gekommen, um zu den Menschen zu sprechen.
„Wir stehen vor dem Angesicht Gottes, um das Urteil gegen diese Hexe zu vollstrecken“, rief er und zeigte voll Abscheu auf mich, „sie wurde der Sünde überführt und soll nun durch das Feuer geläutert werden, auf dass ihre unsterbliche Seele für das Gericht bereit ist, wenn sie vor den Schöpfer tritt.“
Mit vielen Worten ermahnte er die Menge, von der Sünde abzulassen, Gehorsamkeit und Demut zu praktizieren und warnte vor Gotteslästerung, Hexerei und dem Verstoß gegen die göttlichen Gebote.
Es war schon dunkel als ich wieder zu mir kam. Meine Kleider waren verbrannt und ich hatte großen Durst.
Auf dem Weg aus der Stadt stahl ich das Kleid einer Dienstmagd, das in einem Hof an der Leine hing, und wusch mir den Ruß aus dem Gesicht. Dann trank ich aus einem Brunnen bis mein Durst gestillt war und verließ die Stadt.
Alchemie
Über hundert Jahre später hatte ich mich in Spanien niedergelassen. In der Nähe von Barcelona besaß ich eine kleine Farm, wo ich Oliven und Wein anbaute, Schafe und Pferde hielt und natürlich ein Meer aus Blumen rund ums Haus hatte.
Das Meer war nicht weit weg, so dass ich schnell mal zum Baden an den Strand laufen konnte, und ich saß abends wenn die Arbeit getan war oft vor dem Häuschen und lauschte auf das Rauschen des Meers.
Meine erste Weinernte war eine große Überraschung. Die Weinstöcke hingen voll mit Trauben, von denen ich einige auf dem Markt verkaufen konnte.
Und ich sah mich nach einem Winzer um, der aus meiner Ernte Wein herstellte, und stieß auf Juan, der ein Meister des Fachs war.
Als ich Juan besuchte, war er in dem Weinkeller, wo er arbeitete, mit einem Experiment beschäftigt. Auf seinem Tisch standen Gläser, Messkolben und unzählige Flaschen unterschiedlichster Farben und Formen.
„In deinem Weinkeller siehst es nicht so aus, als wärst du ein gewöhnlicher Winzer“, sagte ich zu ihm, während ich sein Arsenal an Stoffen betrachtete, „eher ein Chemiker.“
„Du hast Recht“, antwortete er zögernd, als verbarg er ein Geheimnis vor mir, „wir nennen es Alchemie. Ich bin auf der Suche nach einem Herstellungsprozess für etwas Wertvolleres als Wein.“
Der Maler Carlos Escribano war ein Freund von Juan. Er verbrachte den Sommer 1769 bei uns auf der Farm.
Er war ein humorvoller Kerl, der unseren Wein über alles liebte, und er war talentiert und von seiner Malerei geradezu besessen.
Ständig hatte er sein Skizzenbuch dabei und er arbeitete jeden Tag an seinen Gemälden, die meistens ziemlich düster und brutal, aber grandios gemalt waren.
Als ich ihm Modell saß, sah Juan uns zu, als hätte er Angst, dass es mehr war, als nur meinen Körper zu zeichnen, und ich war sicher, er beneidete ihn um sein Talent.
Ihm zuzusehen war enorm inspirierend und bald fing ich ebenfalls an, mit Ölfarben zu malen.
Ich konnte viel von ihm lernen und als der Sommer vorüber war, waren Öl und Leinwand mir fast genauso geläufig, wie der Kohlestift.
Gold
Wieder führte mich mein Weg nach England. Dort saß Königin Victoria seit vielen Jahren auf dem Thron und herrschte in Glanz und Pracht.
In den Gärten von Schloss Windsor fand ich Arbeit. Ein Heer von Gärtnern und Floristen kümmerten sich um die Pflege der Gärten, mähten den Rasen und bepflanzen die vielen Beete. Vor allem im Frühjahr gab es viel zu tun.
Bald zeigte sich, dass ich Talent und eine geschickte Hand für die Pflanzen hatte, und mir wurde die Pflege des Rosengartens und der Gewächshäuser anvertraut. Zusammen mit meinen Helferinnen gossen, düngten und schnitten wir die Rosen, wählten neue Sorten aus, setzten neue Rosenstöcke und ich durfte täglich Rosen schneiden und in den Gemächern der Königin die Sträuße in den Vasen durch frische Blumen ersetzen.
Der Prunk in den großen Sälen der Königin war beeindruckend. Noch nie zuvor hatte ich solchen Glanz, so herrliche Gemälde und so viele liebevoll arrangierte Blumen gesehen, wie hier.
Mit den anderen Angestellten des Hofstaats verstand ich mich gut. Ich hielt mich aus den Streitereien so gut ich konnte heraus, half aus, wenn ich konnte und begann, Freundschaften zu schließen.
Am besten verstand ich mich mit Meredith. Sie war ein stilles Mädchen, blond und humorvoll, und sie war eine talentierte Goldschmiedin, die sich um den Schmuck der Königin kümmerte, das Silber polierte und zu besonderen Anlässen die wundervollsten Stücke anfertigte.
Ich staunte nicht schlecht, als ich den Reichtum der Königin sah, der in der Schatzkammer verborgen war. Ich musste an Juan und seine Experimente denken. Wenn er diesen Schatz doch sehen könnte!
Meredith schien von den Schätzen wenig beeindruckt zu sein, doch sie freute sich über meinen Enthusiasmus und zeigte mir einige Stücke, auf die sie besonders stolz war.
Und natürlich musste ich Victorias Krone aufsetzen, die tatsächlich zu schwer war, um sie ständig auf dem Kopf zu tragen. Sie war prächtig gearbeitet und reich verziert.
Die Diamanten, die bei der Herstellung verarbeitet waren, hätte ich gerne mal im Sonnenlicht funkeln sehen. Allein die fünf größten von ihnen waren mehr wert, als ich jemals verdienen konnte.
Meredith brachte die Schmuckstücke, an denen sie gearbeitet hatte, zurück und notierte das Datum in einer langen Liste. Dann suche sie verschiedene andere Stücke aus, mit denen sie sich in den nächsten Tagen und Wochen beschäftigen wollte.
Malerei
Am Ende des 19. Jahrhunderts trafen sich in Köln junge Künstler, die von Industrialismus und Materialismus die Nase voll hatten.
„Lasst uns etwas Neues schaffen“, war die Devise.
Sie waren kreativ und besaßen die Begeisterung, die für einen Neuanfang dringend erforderlich war, und ich fühlte mich gleich wohl in der Gruppe.
Es war nicht leicht, einen Raum zu finden, wo wir uns treffen konnten, um zu malen, neue Ideen und Konzepte auszuprobieren, zu diskutieren und miteinander Spaß zu haben. Schließlich hatten wir die Chance, eine kleine Halle in einer alten Fabrik zu bekommen, und ich übernahm mit meinem Ersparten die Miete für die ersten Monate.
Bald war unser Atelier der Treffpunkt vieler Künstler aus der Umgebung.
Es war Melanie, die als erste den Begriff ‚Jugendstil‘ für unseren neuen Stil der Kunst verwendete.
„Es ist Zeit, dass Kunst nicht länger von alten Männern mit gepuderten Perücken und der Tradition alter Meister geschaffen wird“, hatte sie gesagt, „das Epoche der Jugend hat begonnen. Wir haben unsere eigene Art, die Welt zu betrachten und wir dürfen uns nicht länger von einer alten Tradition beschränken lassen. Lasst uns die Welt mit einem Jugendstil erobern!“
„Wer ist schon Monet?!“ sagte ich zu den anderen.
„Monet ist der mit den Seerosen“, antwortete Pierre, „du solltest sie mal sehen. Er kann eine ganze Galerie damit füllen.“
Melanie kicherte. Sie betrachtete es als Zeitverschwendung, ständig nur Blumen zu malen.
„Ich kenne Claude“, antwortete ich, „wenn er zum Malen aufs Land fahren kann, dann sollten wir es ebenfalls tun. Oder habt ihr hier in dieser stinkenden Stadt noch etwas Besseres zu tun?“
„Besser als irgendwo in der Provinz im Grünen zu sitzen, die Schönheit des Augenblicks zu genießen und uns ungestört der Malerei zu widmen?“ antwortete Pierre, „niemals!!“
„Dann lasst uns in den Süden fahren“, schlug ich vor, „in der Nähe von Bordeaux gibt es Weinberge und der Rotwein ist mindestens genauso inspirierend wie die Landschaft.“
Krieg
Im Winter 1945 kehrte ich wieder nach Dresden zurück. Ich besuchte den Friedhof, auf dem die vielen Opfer der Pest bestattet waren, und besuchte sie Frauenkirche, um einen Kerze für die Toten, an die ich mich erinnerte, anzuzünden.
Der Zweite Weltkrieg hatte unzählige neue Opfer gefordert und die Menschen lebten in Angst vor neuen Angriffen und in Trauer um die Toten, die der Krieg gefordert hatte.
Am liebsten wäre ich natürlich wieder an einen sichereren Ort gefahren, doch es war unmöglich, als Zivilist mit dem Zug irgendwohin zu reisen, und die Grenzen zu Frankreich oder der Schweiz waren ebenfalls geschlossen.
Selbst aus der Großstadt herauszukommen war riskant, aber hier gab es wenigstens Luftschutzbunker, wo man bei einem Luftangriff Schutz suchen konnte.
Ich hatte Arbeit in einem Krankenhaus gefunden, wo die Verwundeten notdürftig behandelt wurden. Ärzte und Krankenschwestern arbeiteten rund um die Uhr, und jede helfende Hand war willkommen.
Ich beschloss, trotz des Alarms bei ihr zu bleiben. Einige Wochen war es gut gegangen und wenn wir aus dem Bunker zurückkehrten, stand das Krankenhaus noch unversehrt an seinem Platz.
Als ich die Flugzeuge kommen hörte und die ersten Bomben in der Ferne detonierten, war es zu spät, mich in Sicherheit zu bringen. Die Explosion der Bomben, die das Krankenhaus traf, war ohrenbetäubend. Rings um mich herum fiel das Gebäude in sich zusammen und begrub alle, die nicht rechtzeitig geflohen waren, unter einem riesigen Berg von Schutt.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich zwischen Toten, den Überresten der Krankenbetten und Schutt eingeklemmt. Ein paar Stimmen, die leise stöhnten oder vergeblich um Hilfe schrien, konnte ich nicht weit entfernt zwischen den Trümmern hören. Es stank nach Rauch, Fäulnis und Tod.
Wir versuchten tagelang, die Leichen der Menschen zu bergen. Die wenigen Überlebenden der Bombardierung arbeiteten so gut es mit ihren Verletzungen möglich war.
Am Hof
Im Jahr 1954 lebte ich wieder in London. Man hatte mit eine Stelle auf Schloss Windsor angeboten, wo ich im Dienst von Königin Elisabeth II in den königlichen Gärten, den Gewächshäusern und dem Home Park arbeitete.
Die Königin sah ich gelegentlich, wenn sie mit Prinz Philip im Park spazieren ging. Oft begleitete sie die Gouvernante mit den Kindern Anne und Charles und ein paar Lebwächter folgten ihnen in sicherer Entfernung.
Die Chance, sie zu treffen oder auch nur in ihre Nähe zu kommen, war gering. Mit uns ’normalen‘ Menschen hatte sie nie direkten Kontakt, was mich aber nicht weiter störte.
Die Arbeit gefiel mir. Niemals zuvor hatte ich so einen Reichtum an Blumen erlebt, und ich wusste nur zu gut, welche Pflege sie benötigten.
Rasch stieg ich von einer einfachen Gärtnersgehilfin auf und mir wurde die Pflege der Rosen anvertraut. Unzählige Sorten davon gab es in den Gärten und den Parks und der Meister der Gärten ließ sich immer die neusten Züchtungen aus aller Welt schicken, um die ich mich dann kümmerte.
Es war also so etwas wie ein Traumjob für mich. Ich verstand mich mit den Kolleginnen und Kollegen gut, hatte eine wundervolle Aufgabe und der Erfolg blieb nicht aus.
Bevor wir zur Königin zugelassen wurden, bekamen wir vom Zeremonienmeister am Hof genaue Anweisungen, wie wir uns zu verhalten hatten. Das Protokoll war streng und der Königin war es wichtig, dass es ganz genau eingehalten wurde.
Einer der Diener in einem schwarzen Gehrock und weißen Handschuhen nahm mir meinen Rosenstrauß ab.
„Sie müssen hier warten, bis Ihre Majestät Sie empfängt“, sagte er zu uns, „nehmen Sie doch solange im Salon Platz. Ich lasse Ihnen gerne Tee servieren, wenn Sie es wünschen.“
Schließlich wurden wir in den Saal gerufen, in dem Elisabeth ihre Besucher empfing, und unsere Audienz bei der Königin begann.
„Ich habe gehört, ihr habt Talent bei der Pflege der Gärten und habt diese Rosen selbst gezüchtet. Erzählt mir davon.“
„Nun, ich habe schon als junges Mädchen meiner Mutter im Garten geholfen, Gemüse angebaut und mich um die Pflanzen rings um unser Häuschen gekümmert. Mein Vater hat die Felder bestellt und sich um die Tiere gekümmert. Ich musste mich also schon früh nützlich machen, habe viel gelernt und eine Leidenschaft für die Schönheit der Natur entdeckt.“
Love and Peace
Die wilden Sechziger begannen mit Studentenprotesten an den Unis. Ich hatte mich in Berkely eingeschrieben und studierte Kunst, lebte in einer kleinen Studenten-WG und war mit dem Leben zufrieden, fand eine Handvoll gleichgesinnter Künstler und arbeitete an meiner Technik.
In Vietnam tobte der Krieg und ich verfolgte in den Nachrichten, was dort passierte. Die Erinnerung an Dresden war noch immer präsent und oft dachte ich an die Sinnlosigkeit und Grausamkeit dieses Krieges zurück.
Die anderen aus unserer WG dachten ähnlich wie ich, und ich musste mir verkneifen, ihnen von meinen Erlebnissen im Krieg zu erzählen – schließlich hätten sie mir vermutlich doch nicht geglaubt oder hätten vermutet, ich hätte LSD genommen.
John war einer meiner Freunde, die sich oft bei uns trafen, nächtelang über Krieg und Gerechtigkeit debattierten, Gras rauchten und sich über die Veränderung der Verhältnisse Gedanken machten. Er spielte Gitarre und hatte eine tolle Singstimme. Oft saßen wir zusammen, hörten ihm zu oder sangen mit, wenn er eins der Protestlieder anstimmte, die er mit ein paar Freunden zusammen geschrieben hatte.
„Das Establishment macht uns kaputt“, verkündete Mary, die sich jetzt nur noch ‚Moonlight‘ nannte, und die anderen gaben ihr Recht.
„Wir müssen kaputt machen, was uns kaputt macht“, sagte ein anderer, „eine Revolution des Volkes.“
„Das klingt sehr nach Karl Marx“, widersprach ein dritter, „eine Revolution widerspricht der Idee von Love und Peace.“
Und schon waren wir in der allergrößten Diskussion, die emotional und erbittert geführt wurde.
John zündete einen Joint an, der von einem zum anderen weitergegeben wurde. Bald war die Stimmung viel lockerer und die ernsten Themen rückten in weite Ferne.
Mary verzog sich mit einem der Jungs ins Bett. John legte die Gitarre beiseite und legte eine Schallplatte auf. Als ‚The Who‘ spielte, drehte er die Lautstärke hoch und wir begannen zu tanzen.
Beichte
Ein paar Jahre später kehrte ich wieder nach Deutschland zurück und fand in der Nähe von Köln ein neues Zuhause.
Ich hatte eine Wohnung nicht weit vom Rheinufer gemietet und damit begonnen, neue Freunde zu finden. Oft zog ich mit meinem Skizzenbuch los, um das Leben in der Stadt und ihre Atmosphäre einzufangen.
Am Todestag von John besuchte ich den Dom, um eine Kerze für ihn, Moran und meine Kinder anzuzünden und an sie zu denken.
Auf der Empore spielte die Orgel und ein Chor sang das ‚Agnus Dei‘ einer Messe. Ich setzte mich in eine der Kirchenbänke und hörte der Musik zu. Sie war traurig und wohltuend zugleich.
Ein Priester sprach mich an.
„Du siehst traurig aus, mein Kind“, sagte er zu mir, „was bedrückt dich?“
„Der Tod von Menschen, die ich geliebt habe“, antwortete ich, „ich bin gekommen, um an sie zu denken. Ein lieber Freund, mein Ehemann, meine Kinder – ich habe sie verloren und vermisse sie so sehr. So viele Jahre schon.“
Ich saß länger als eine Stunde mit ihm im Beichtstuhl, erzählte ihm von Moran, meinen Kindern und von John. Und auch, dass ich über tausend Jahre alt und unsterblich war. Ich beichtete von meinem Anschlag auf Miranda, der Inquisition, die mich auf den Scheiterhaufen gebracht hatte, von der Pest und von den Bomben auf Dresden.
Geduldig hörte er mir zu und ich hatte beinahe das Gefühl, dass er mir die Geschichte glaubte.
„Der Herr sieht deine Not und die Schuld, die du auf dich geladen hast“, sagte er am Ende meiner Beichte zu mir, „er sieht dein Herz an und wird dir vergeben.“
Es war, als wäre eine schwere Last von mir abgefallen und ich dankte ihm für seine ermutigenden Worte.
Ausgrabung
Der Archäologe Pedro Carvallo arbeitete an einer Ausgrabungsstätte in der Nähe von Barcelona. Es war keine dieser historischen Orte, wo er schon immer mal nach verborgenen Schätzen suchen wollte. Die Chancen, hier einen Ort wie Troja oder Pompeji zu entdecken, waren hier äußerst gering.
Hier in Spanien erwartete er keine derartigen Funde, aber das verfallene Dorf mit dem Weingut aus dem 19. Jahrhundert hatte durchaus seinen Charme.
Carvallo staunte nicht schlecht, als er die Mappe öffnete. Sie enthielt Skizzen, die mit dem Kohlestift gezeichnet waren, mehrere Aquarelle und einige Ölgemälde, die nahezu vollkommen erhalten waren.
Vorsichtig entrollte er die Leinwände und sah sich die Bilder genauer an. Claude Monet, dachte er auf den ersten Blick, eine Weiterentwicklung seines impressionistischen Stils.
Pedro Carvallo musste zwei Wochen auf das Ergebnis der Analyse warten. Er hatte seinen Fund fast schon vergessen, als er eine Tages ein Telegramm aus München erhielt, das ihn zu dem sensationellen Fund gratulierte.
Als er den Experten wenig später zurückrief, um mehr über die Gemälde zu erfahren, wurde er gleich mit dem Leiter der Impressionistischen Sammlung der Alten Pinakothek in München verbunden.
„Die Gemälde, die sie uns geschickt haben, sind spektakulär“, wurde ihm gesagt, „die Analyse der Farben hat die Gemälde eindeutig auf die Zeit zwischen 1880 und 1900 datiert. Der Zustand ist außergewöhnlich gut für die Tatsache, dass sie so lange verschüttet waren, und der Restaurator hat mir versichert, dass er sie innerhalb weniger Wochen vollständig restaurieren und konservieren könnte.“
„Das ist ja wirklich großartig! Schade, dass Sie nichts über den unbekannten Meister herausfinden konnten.“
Ein kaltblütiger Mord
Das Jahr 1999 war ein gutes und fruchtbares Jahr. Ich war nach England zurückgekehrt und hatte auf dem Land, das einst Lady Ivona gehört hatte, einen Hof und ein paar Morgen Land gepachtet, wo ich Weizen und Gerste anbaute und einen großen Garten angelegt hatte.
Regen und Sonne hatten mir eine gute Ernte beschert und ich hatte mir Erntemaschinen geliehen und Erntehelfer angeheuert, die mir halfen, das Korn zu ernten.
Es gab viel Arbeit rund um den Hof und ich war froh, dass ich in diesem Jahr so viele Menschen gefunden hatte, die mir halfen.
Kevin war einer von ihnen. Er kümmerte sich um die Erntemaschinen und fuhr selbst den großen Mähdrescher, den wir gemietet hatten, und stand mir mit guten Ratschlägen und seinen Kontakten zu verschiedenen Betrieben im Umland treu zur Seite.
Robbie war ein Müller, den Kevin empfohlen hatte. Er betrieb eine Wassermühle nicht weit von meinem Hof entfernt und er erwartete schon die erste Lieferung der Ernte, um das Korn zu mahlen.
Es war alles perfekt organisiert.
Nur mit Mirandas plötzlichem Auftauchen hatte ich nicht gerechnet. Plötzlich stand sie neben mir und hielt mir ihren Dolch an die Brust.
„Hallo … Miranda“, stammelte ich überrascht. Sie sah kein bisschen tot aus, im Gegenteil. Das Alter sah man ihr kein bisschen an, und ihre langen Haare trug sie offen. Eine goldene Kette mit einem Medaillon schmückte ihren Hals.
Miranda warf ihm nur einen kurzen Blick zu und stach mit dem Dolch einmal kurz zu. Robbie fiel zu Boden und Blut strömte aus seiner Wunde. Ich wich einen Schritt zurück.
„Was hast du mir verabreicht, dämliche Kuh?! Ich hatte tagelang Bauchweh und hab mir die Seele aus dem Leib gekotzt. Du hast wohl gedacht, du wärst die einzige, die unsterblich ist, was?!“
„Hättest du meine Rosen nicht zerstört …“
Auferstehung
Meine Freunde hatten meinen leblosen Körper auf den Hof gebracht und in meinem Bett aufgebahrt.
Als ich mit Schmerzen am ganzen Körper erwachte, war ich froh, dass man mich noch nicht in einen Sarg gesteckt oder meinen Körper eingeäschert hatte.
Kevins Partnerin Norah bemerkte als erste, dass ich mich regte, und kam zu mir.
„Cailin, du lebst!“ rief sie erstaunt, „du hast viel Blut verloren und schreckliche Verletzungen am ganzen Körper. Und du warst tot. Ich habe noch versucht, dich zu reanimieren, doch es war vergeblich.“
„Ich bin unsterblich“, antwortete ich und Norah sah mich ungläubig an.
Norah wusch mir das Blut ab und begann damit, die Schnittwunden an meinem Körper zu nähen.
Trotz dem Schmerzmittel tat es weh, doch zum Glück waren meisten Schnitte nicht zu tief. Sie brauchte etwa eine Stunde, bis sie mich verarztet hatte, und so nach und nach fühlte ich mich viel besser.
„Ich hoffe nur, dass sich die Wunden nicht entzünden“, meinte Norah, „sonst musst du doch noch ins Krankenhaus.“
„Danke, Norah“, sagte ich zu ihr, „für deine Hilfe. Ich glaube, es geht mir schon ein kleines bisschen besser.“
Sie sah mich prüfend an. So ganz konnte sie nicht verstehen, was mit mir passiert war. Sie hatte gesehen, dass ich gestorben und wieder ins Leben zurückgekehrt war.
„Du hast vorhin etwas gesagt, das mich ehrlich gesagt ziemlich überrascht hat“, sagte sie schließlich zu mir, „ich habe mit eigenen Augen gesehen, dass du tot warst und konnte dich nicht wieder reanimieren. Ist es wahr – bist du wirklich … unsterblich?“
„Du wirst es nicht glauben, aber es ist wahr“, antwortete ich, „frag mich nicht, woher das kommt – ich kann es mir selbst nicht erklären.“
Lektion in Geschichte
Prof. Dr. Carl Saunders war bei seinen Studentinnen und Studenten sehr beliebt. Seine Vorlesung in Ge-schichte und Archäologie was lebendig und unter-haltsam, nicht wie die viele seiner Kollegen. Bei ihm wurde Geschichte lebendig, als hätte er sie selbst erlebt.
‚Was können wir aus der Geschichte lernen‘, war der Titel seiner Vorlesung und der Hörsaal war bis auf den letzten Platz besetzt.
„Unsere Geschichte ist ein Katalog von Verbrechen, Kriegen und Gräueltaten“, sagte er zu seinem Studentinnen und Studenten, „es ging in allen Epochen der Geschichte um Macht und Einfluss. Grausame Kriege wurden deswegen gekämpft, von den kleinen Stammeskriegen der Kelten, den Kreuzzügen ins Heilige Land, dem Dreißigjährigen Krieg bis hin zu den beiden Weltkriegen und dem Kalten Krieg der Achtziger. Nukleare Abschreckung und Bündnisse haben uns eine lange Phase des Friedens gebracht, bis in der Ukraine der Krieg nach Europa zurückgekehrt ist.“
Er sah sich im Hörsaal um und er sah, dass viele seiner Zuhörer zustimmend nickten.
„Wir sollten es eigentlich besser wissen“, fuhr er fort, „stattdessen ist unsere Geschichte eine Wiederholung von Fehlern und ignoranter Taten der Mächtigen, die immer wieder beweisen, dass niemand wirklich etwas aus unserer Geschichte gelernt hat.“
Der Beamer projizierte eines von Cailins Gemälde auf die große Leinwand.
„Zuerst dachten die Entdecker dieser Gemälde an ein spätes Werk von Claude Monet“, berichtete er, „es besitzt seine unbeschreibliche Darstellungskraft, die ihn zu einem Meister des Impressionismus gemacht hat. Heute wissen wir, dass es nicht ein Werk von Monet ist.“
Eine Studentin meldete sich.
„Es ist ein Bild von Cailin Brùchd“, wusste sie.
„Das ist eine Spekulation, oder?“
„Nein“, antwortete die Studentin, „es ist eindeutig ihr Stil und trägt ihre Signatur. Ich kenne sie und ich kenne viele ihrer Gemälde. “
„Das ist wohl kaum möglich“, sagte Saunders, „aber Sie sollten heute noch etwas lernen. Jede auch noch so unwahrscheinliche Theorie hat seine Berechtigung und sollte kritisch geprüft werden. Wenn eine Theorie völlig absurd ist, muss man sich nicht lange damit beschäftigen. Wenn behauptet würde, dass ein Alien vom Mars der Künstler war, wird es niemand ernsthaft als Theorie akzeptieren.“
Abrechnung
Auch in den Jahren nach meiner letzten Begegnung mit Miranda konnte ich nicht vergessen, was passiert war. Ich lebte nicht gerade in ständiger Angst vor ihr, trotzdem verschwendete ich mehr Gedanken an sie als es mir lieb war.
Viele meiner Gemälde hatten den Tod und blutige Gewalt zum Thema und oft erwachte ich mitten in der Nacht schweißgebadet, wenn ein Alptraum die Erinnerung wieder wachgerufen hatte.
Es war beinahe eine Erleichterung als Miranda mir eines Tages eine Postkarte aus Italien schickte.
Sollte ich tatsächlich mit ihr kämpfen, bis eine von uns die andere vernichtete? Die Welt war groß genug, um ihr aus dem Weg zu gehen.
Aber ich wusste, sie würde mich niemals in Ruhe lassen, sondern mich jagen, bis sie ihren Willen bekommen hatte.
Ich hatte keine Lust, vor ihr zu fliehen und mich für den Rest meines Lebens vor ihr zu verstecken. Also ließ sie mir keine andere Wahl.
Kevin kannte einen Waffenschmied, der mir ein Schwert anfertigen konnte, und er machte uns miteinander bekannt.
Und dann kam der Tag der Abrechnung. Inigo und ich waren mit dem Zug nach Verona gefahren, mein Schwert im Gepäck.
Die Arena di Verona war an diesem Abend für Besucher gesperrt und nur wenige Gäste von Miranda und mir waren eingeladen.
Es war ein warmer Abend und Fackeln erleuchteten den Innenraum und die unteren Zuschauerränge.
Jetzt war ich nervös, aber ich bemerkte, dass Miranda noch viel aufgeregter war, als ich.
„Ich habe noch einen letzten Tipp für dich“, sagte Inigo zu mir und ich sah ihn fragend an.
„Bleib am Leben!“
Epilog
Carl Saunders rief mich eines Tages an und wir sprachen über meine Gemälde und meine Unsterblichkeit. Ich lud ihn ein, mich zu besuchen und sich selbst davon zu überzeugen, dass ich lebte und tatsächlich unsterblich war.
„Du bist eine wirklich bemerkenswerte Frau“, sagte er zu mir, „und eine talentierte Künstlerin. Du solltest seine Bilder unbedingt ausstellen und der Öffentlichkeit präsentieren.“
Ich dachte darüber nach. Im Licht der Öffentlichkeit zu stehen, war nicht mein Ding, doch wir redeten lange darüber und schließlich stimmte ich zu.
Er hatte natürlich schon längst einen Plan in der Tasche und stellte den Kontakt zu einer Galerie in London her, die meine Bilder ausstellen wollte.
Gemeinsam wählten wir einige meiner Zeichnungen, Aquarelle und Gemälde aus und Saunders kümmerte sich darum, dass alle perfekt gerahmt wurden.
Als wir dann die Ausstellung feierlich eröffneten, waren so viele Menschen gekommen, dass ich es kaum glauben konnte. Er hielt eine Laudatio und sprach über Kreativität und Kunst, Unsterblichkeit und die Verantwortung, die wir hatten, um aus der Geschichte zu lernen und gemeinsam eine bessere Zukunft zu gestalten.
Und dann stand ich vor dem Bild, das ich in dem kleinen Dorf in der Nähe von Barcelona gemalt hatte und hatte Tränen vor Glück in den Augen. Es war mein bestes Werk und ich hatte geglaubt, es wäre für immer verloren, nachdem der Krieg das Dorf verwüstet hatte.
Saunders kam zu mir, zwei Gläser Sekt in den Händen.
„Es ist wunderschön „, sagte er, „ein Kunstliebhaber hat bereits eine hohe Summe dafür geboten.“
„Es ist unverkäuflich“, antwortete ich, „es ist eine kostbare Erinnerung an vergangene Zeiten, in denen ich glücklich war.“
„Dann soll es so sein. Erinnerungen sind etwas kostbares, so wie dieses Bild. Sie machen einen großen Teil von dem aus, was wir sind. Wir müssen sie in Ehren halten und ihnen einen Platz in unserem Leben geben, damit wir sie nicht vergessen.“
ENDE
Mehr über die starken Heldinnen in meinen Geschichten findet ihr in dieser Übersicht.
Schaut euch auch meine anderen Comics an oder ladet das ebook herunter.