Die junge Schülerin Alexandra wird das Opfer einer Entführung und tagelang gefangen gehalten.

Ihre Hoffnung auf eine rasche Befreiung durch eine Lösegeldzahlung ihrer wohlhabenden Eltern wird jedoch enttäuscht und sie gerät mitten in eine hinterhältige Intrige.

Der Verrat durch einen guten Freund ist eine schreckliche Enttäuschung, doch es kommt noch schlimmer, als sie den Grund für ihre Entführung erfährt.

Sie muss gegen das organisierte Verbrechen und rücksichtlose Mädchenhändler kämpfen und bald steht nicht nur ihre Freiheit auf dem Spiel.

Auch für „Schatten der Stille“ habe ich Comic-Bilder generiert.

Prolog

Frau Engelhardt kam mal wieder ins schwafeln. Immer wieder wich sie während des Unterrichts vom Thema ab, sah die jungen Mädchen versonnen an und begann, ihnen eine Predigt zu halten.

„Ihr ahnt nicht, in welche Gefahr ihr euch jeden Tag begebt“, dozierte sie, „überall wartet das Böse auf euch. Ihr seid noch so jung und unschuldig, aber es kann euch jeden Tag treffen – plötzlich und unerwartet.“

Schatten der Stille

„Im Gegensatz zu ihren Vorträgen“, flüsterte mir meine beste Freundin Roxanne ins Ohr, „die kommen regelmäßig und unvermeidlich.“

Wir saßen in Gemeinschaftskunde immer hinten in der letzten Reihe. Nur gemeinsam konnten wir ihr Gelaber ertragen.

„Geht nie im Dunklen alleine nach Hause“, fuhr unsere Lehrerin fort, „vermeidet gefährliche Gassen, in denen sich Gesindel herumtreibt. Wenn euch ein Fremder anspricht, müsst ihr nicht mit ihm sprechen.“

„So ein Quatsch“, kicherte Roxanne, „wie kann man einen neuen Kerl kennenlernen, wenn man nicht mit ihm spricht.“

„Wie oft fast du diese Regel schon gebrochen?“ fragte ich sie.

„Keine Ahnung, Zählen war noch nie meine Stärke.“

„Steigt auf keinen Fall zu einem Fremden ins Auto. Zu viele junge Mädchen sind durch ihre Naivität einem widerlichen Lüstling zum Opfer gefallen, wurden geschändet und ermordet. Vergesst nicht, ein junges Mädchen ist einem starken Kerl körperlich weit unterlegen.“

Mädchen unter sich

Nach der Schule ging ich erst einmal Joggen. Es war für mich die beste Art, den Kopf frei zu bekommen und mich auf das Wochenende einzustimmen.

Es war nur ein kurzer Weg von unserem Haus bis in den Wald, vorbei an den schicken Villen unserer Nachbarn mit ihren Doppelgaragen und den Vorgärten, die von einem Gärtner gepflegt wurden und wo keine Spur von Unkraut zu finden war.

Meine Freundin Roxanne würde später zu mir kommen, um mit mir die Hausaufgaben zu machen, Mathe zu lernen und bei mir zu übernachten. Für den Samstag hatten wir eine Poolparty geplant, wollten uns Pizza bestellen und chillen.

Mädchen unter sich

Roxanne kam im Gegensatz zu mir aus einfachen Verhältnissen. Sie war vor einigen Jahren mit ihrer Mutter aus Tansania hergezogen, hatte schnell Deutsch gelernt. Trotz der Gegensätze verstanden wir uns hervorragend, konnten über alles miteinander reden und teilten alle unsere Geheimnisse miteinander.

Sie war eine hübsche, exotische Schönheit. Ihre dunkle Haut war makellos und ihre langen, schwarzen Haare wild und ungezähmt.

Und auch in anderen Dingen war sie wild und experimentierfreudig, während ich meistens bedacht und vorsichtig war.

Ein riskantes Abenteuer

Ich war froh, dass Roxanne mir half, alles für unsere Party vorzubereiten. Wir hatten aus dem Keller eine Menge Getränke ins Wohnzimmer geschafft und lange diskutiert, ob wir auch die Alkoholvorräte meiner Eltern plündern sollten. Schließlich hatten wir bis auf eine Kiste Bier nichts angerührt, nachdem Roxanne der Meinung war, dass sonst noch jemand auf den Teppich kotzen würde und wir die Jungs lieber einigermaßen nüchtern haben wollten.

Wir bestellten eine riesige Portion Pizza und kauften im Supermarkt eine große Portion Eiscreme, damit wir uns zwischendurch abkühlen konnten, wenn das Wasser im Swimming Pool nicht ausreichte.

Jochen machte sich an der Stereoanlage zu schaffen und verband sein Smartphone damit, um Musik von seiner Playlist für uns zu spielen – Musik zum Tanzen und natürlich zum Kuscheln.

Roxanne verteilte Unmengen von Kerzen im Wohnzimmer und rund um den Pool und bald waren wir gut darauf vorbereitet, mit unseren Gästen zu feiern.

Poolparty

Auch Kai hatte getrunken. Als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte, wartete er schon auf mich.

„Ich habe gehört, dass du…“, begann er, doch ich zog ihn in den Arm und unterbrach seinen Satz mit einem Kuss.

Er schmeckte nach Bier und Pizza, doch es war mir egal.

„Komm!“ sagte ich zu ihm. Mehr gab es nicht zu sagen.

Ein unheimlicher Verfolger

Es war schon dunkel, als ich geduscht, mich angezogen und von den anderen verabschiedet hatte. Ich überlegte kurz, ob ich den Bus nach Hause nehmen sollte, doch wieder traf ich eine fatale Entscheidung, die ich bitter bereuen sollte.

Stattdessen packte ich meine Tasche und ging zu Fuß nach Hause. Eine halbe Stunde Spaziergang tat mir gut und es war besser, als zuhause meinen trüben Gedanken nachzuhängen.

Ich bemerkte meinen Verfolger erst, als ich unter einer Straßenlaterne anhielt und zufällig nach hinten sah. Eine dunkle Gestalt war mir in sicherer Entfernung gefolgt und im Dunkel war er kaum zu sehen.

Schatten der Stille

Ich begann zu rennen, um ihm zu entkommen, doch ich hatte keine Chance. Noch bevor ich die Hauptstraße erreicht hatte, wo ich sicher war, hatte er mich erreicht und packte mich.

„Nicht so eilig!“ zischte er mir ins Ohr, „so einfach wirst du mir nicht entkommen!“

„Bitte tun Sie mir nichts!“ bettelte ich, „ich gebe Ihnen meinen Geldbeutel, wenn Sie mich gehen lassen.“

„Als ob mich dein Geld interessieren würde!“ antwortete er, „ein junges Ding wie du ist mehr wert, als alles, was du mit dir herumträgst.“

Gefangenschaft

Ich erwachte mit mächtigen Kopfschmerzen und sah mich um. Der Raum war düster und mit Kisten und Schachteln vollgestellt. Ich lag auf einer Matratze zwischen mehreren anderen, auf denen noch zwei andere Mädchen saßen.

„Sie ist wach“, hörte ich ein junges Mädchen sagen.

„Hey…“ sagte ich, „wo bin ich hier?“

Schatten der Stille

Wir blieben nicht lange allein. Wenig später kam der Kerl, der mich entführt hatte, in Begleitung eines Herrn in dunklem Anzug in unser Gefängnis.

„Alexandra Schneider, unsere Neuerwerbung“, sagte er zu mir, „lass dich ansehen. Du bist wirklich eine Schönheit.“

„Was wollen Sie von mir?!“ fuhr ich ihn an, „rufen Sie meine Eltern an und vereinbaren ein Lösegeld. Ich bin sicher, Sie werden sich mit ihnen einigen können! Aber lassen Sie mich in Frieden!“

Gefährliche Enthüllungen

Heidrun und ich verstanden uns jeden Tag besser. Sie war schon seit drei Wochen in der Lagerhalle gefangen und das Warten zermürbte uns immer mehr.

Doch während die kleine Larissa meistens ziemlich apathisch auf ihrer Matte lag, immer wieder zu weinen begann und nur einsilbige Antworten gab, wenn ich mit ihr reden wollte, öffnete sich Heidrun mir gegenüber immer mehr und fasste Vertrauen in mich.

„Hauinger und seine Kundschaft sind üble Verbrecher“, sagte sie zu mir, „wenn ich dir erzähle, „was ich erlebt habe, dann wirst du mir kaum glauben. Es ist unfassbar, zu was Menschen fähig sind, wenn sie sich auf Kosten anderer bereichern können, und junge Mädchen wie wir sind machtlos gegen sein infames System von Lügen, den Machtspielen mächtiger und wohlhabender Männer und dem vielen Geld, das man mit einem hübschen Mädchen verdienen kann, indem man sie zwingt, Dinge zu tun, die erniedrigend sind.“

Sie antwortete nicht, sondern sah mich nur traurig an. Wie ich hatte sie keinen Plan, wie wir unserer Gefangenschaft entkommen sollten.

„Ich war wie jeden Freitagnachmittag in der Ballettstunde“, begann sie zu erzählen, „das war immer das Beste nach einer langen Woche. Ich hatte den Typ schon gesehen, als er vor dem Ballettstudio vor seinem schicken Sportwagen stand und lächelte, als ich an ihm vorbeiging. Keine dumme Anmache oder eine blöde Bemerkung, obwohl ich sicher war, dass er mich anstarrte.“

„Während wir unsere Übungen machten, sah ich, dass er heimlich zum Fenster hereinsah. Offensichtlich hatte ich sein Interesse geweckt, und es schmeichelte mir irgendwie, dass einer der großen Jungs sich für mich interessierte. Nach der Übungsstunde wartete er auf mich und sprach mich an. ‚Du bist talentiert‘, sagte er, ‚aus dir kann mal etwas Großes werden‘.“

Eine abenteuerliche Flucht

Jochen litt entsetzliche Qualen. Er vermisste seine hübsche Freundin und es hatte ihn tief gekränkt, dass sie ihn betrogen hatte. Immer wieder musste er an sie denken und er geriet in Wut, wenn er sich ausmalte, wie sie mit diesem Vollpfosten schlief, ihm gab, was bisher nur ihm gehört hatte, und sie sich diesem Kerl hingab.

Du musst es akzeptieren, sagte er sich. Das Leben geht weiter. Du kommst nicht über sie hinweg, solange du dich an die Erinnerungen klammerst und ihr nachweinst.

Schatten der Stille

Es gab nur einen Weg, über die Vergangenheit hinwegzukommen. Er musste in die Zukunft blicken, Alexandra vergessen und sich eine andere suchen, die mit ihm das Bett teilte und die Liebe seines Lebens ersetzte.

Der Jugendclub war ein lebendiger Treffpunkt für junge Menschen. Die Wände waren mit Neonlichtern durchzogen, die im Rhythmus des elektronischen Beats pulsierten. Die Atmosphäre war elektrisch geladen, während die Bassfrequenzen durch den Raum vibrierten und die Tanzfläche erfüllten.

Schatten der Stille

Die Stimmung war geprägt von jugendlicher Energie, Aufregung und der Suche nach Verbindungen in der flirrenden Dunkelheit.

Junge Mädchen, in aufregenden Outfits gekleidet, streiften durch den Raum, ihre Blicke suchten nach einem Jungen, der den Takt der Musik mit ihnen teilen würde, und sie Jungs checkten die Mädchen ab, flirteten und tanzten mit ihnen und versuchten alles, um den besten Eindruck zu hinterlassen, damit sich aus ihrer flüchtigen Begegnung am Ende des Abends mehr entwickelte.

Gefangen im Alptraum

Hauinger war furchtbar wütend. Drei der wertvollen Mädchen waren durchgebrannt. Es war eine Katastrophe und dieser Idiot Hans war an allem schuld.

Die Blonde hatte er für die nächste Auktion vorgesehen. Er war sicher, dass sie der Höhepunkt der Veranstaltung sein würde und ihm eine Menge Geld einbringen würde. Heidrun hatte er schon einige Wochen. Er hatte ihren Willen fast gebrochen und die Fotos verkauften sich gut. Und für die Kleine hatte er einen Kunden, der für sie bezahlt hatte und nur noch auf die Lieferung wartete.

Hans war total zerknirscht. Er hatte ein Pflaster auf der Stirn, aber er litt noch mehr unter der Schmach, dass er von den drei Gören ausgetrickst worden war und Hauinger enttäuscht hatte.

„Es ist eine Katastrophe!“ polterte Hauinger zornig, „ich hasse solche Zwischenfälle und du warst sonst immer ein zuverlässiger Assistent. Wie konntest du dich von diesen Rotznasen austricksen lassen?!“

Schatten der Stille

Wir saßen in dem kleinen Dorf gemütlich in einem kleinen Café. Die junge Frau, die dort bediente, hatte mit der Polizei telefoniert, die uns abholen und nach Hause bringen sollte, hatte uns Brezeln und heiße Schokolade gebracht und war sehr freundlich zu uns gewesen.

Wir sahen durch das Fenster, wie der Streifenwagen vor dem Café hielt und ein Beamter ausstieg.

„Bald sind wir wieder zuhause“, sagte ich zu Larissa, die ich zum ersten Mal lächeln sah.

Im Netz der Lügen

Hans holte mich zwei Tage später aus dem Lagerraum.

„Es gibt Arbeit“, sagte er zu mir, „komm mit.“

Ich hatte nichts anderes vor und gehorchte, obwohl ich keine Lust darauf hatte. Er war immer noch ziemlich wütend auf mich und ließ es mich deutlich spüren.

Er fesselte meine Hände mit einem Strick zusammen und brachte mich zu Hauinger.

„Alexandra“, begrüßte er mich mit falscher Begeisterung, „mein Juwel in meinem Lagerbestand. Ich muss damit beginnen, deinen Verkauf vorzubereiten, und ich brauche ein paar süße Fotos von dir für die Werbung. Wir werden darum heute eine Reihe von Aufnahmen mit dir machen, und ich möchte, dass sie perfekt werden. Ein Produkt erzielt nur dann einen guten Preis, wenn es ansprechend beworben wird.“

Schatten der Stille

Hauinger hatte in dem Fotostudio ein Kinderzimmer aufgebaut. In der Mitte des Zimmers stand ein großes Bett, das mit einer geblümten Bettwäsche bezogen war. Unzählige Puppen und Kuscheltiere waren auf dem Bett verteilt.

Ein paar Lampen waren rings um das Bett verteilt, um die Szene auszuleuchten. Auf Stativen standen Kameras, die auf das Bett gerichtet waren und würden mich von allen Seiten aufnehmen sollten.

„Na, gefällt’s dir?“ fragte mich Hans, der plötzlich hinter mir aufgetaucht war.

„So ähnlich hat mein Kinderzimmer ausgesehen, als ich noch fünf Jahre jünger war“, sagte ich, „ich bin zwölf. Ich habe nicht mehr mit Teddybären und Puppen gespielt, seit ich das erste Mal mit Jochen rumgemacht habe.“

Aufnahmen

Die Bilder, die Hans von mir gemacht hatte, waren schrecklich. Sie waren schlecht ausgeleuchtet, zum Teil unscharf und komplett fantasielos.

Hauinger zeigte sie mir voll Stolz. Er glaubte offensichtlich selbst, dass sie gut waren.

„Ich habe schon zehn von ihnen für die Werbung ausgewählt“, sagte er zu mir, „und ich bin sicher, ich werde bei der Auktion gutes Geld für dich bekommen.“

Aufnahmen

Ich bat Nadine, sich von den Kostümen etwas aus auszusuchen und es sich auf dem Bett bequem zu machen, schob die Lampen noch ein bisschen hin und her, schaltete die automatischen Kameras ein und nahm meine Kamera in die Hand.

Nadine hatte sich auch für enge Leggings und ein ärmelloses Top entschieden und sah mir zu, während ich die Kamera einstellte und die ersten Schüsse von ihr machte.

„Erzähl mir was von dir“, bat ich sie, „was hast du für Hobbies? Gibt es etwas, das du unbeschreiblich gerne tust?“

„Oh ja“, begann sie, „ich lese gerne und manchmal denke ich mir selber eine Geschichte auf und schreibe sie in mein Notizbuch.“

„Cool“, sagte ich, „erzähl mir davon.“

Schatten der Vergangenheit

Nadine und ich arbeiteten vier Stunden lang miteinander bis ich bemerkte, dass sie sich nicht mehr konzentrieren konnte und es Zeit war, die Arbeit zu beenden.

Ich gab Petra Bescheid und wenig später kam Hans zu uns, um uns wieder zurückzubringen.

„Du bleibst erst mal hier“, sagte er zu mir, „Hauinger kommt und möchte gleich die Ergebnisse sehen.“

„Kein Problem“, antwortete ich kühl, „ich habe sowie nichts anderes vor.“

Hauinger und Petra kamen wenig später ebenfalls ins Studio.

Bevor ich die Gelegenheit hatte, die misslungenen Bilder zu löschen, lud Hans sie von der Kamera auf seinen Laptop und sahen sie uns auf dem riesigen Bildschirm an.

Schatten der Stille

Hauinger war beeindruckt. Selbst die Bilder, die ich gelöscht hätte, waren besser, als die von Hans.

Nadine war mit ihrem ganzen Wesen auf den Bildern eingefangen und ihre kindliche Ausstrahlung, ihre Verletzlichkeit und das ihr Vertrauen, das ich gewonnen hatte, besaßen eine größere Wirkung, als ihr Gesicht, ihre traurigen Augen und ihr junger Körper.

„Ist das unsere neue Strategie?“ wollte Hans wissen, „machen wir jetzt Kunst statt Pornografie?!“

Er war nicht glücklich darüber, dass nun seine Arbeit als Fotograf auf dem Spiel stand.

Verzweiflung

Wir zogen uns in aller Eile um und stopften meine Kamera und ein paar der Sachen, die Hans für die Aufnahmen ausgesucht hatte, in die Tasche, schlichen so leise wir konnten durch Hauingers Haus und verließen es durch die Vordertür.

Dieses Mal würden wir nicht die Polizei rufen – aus diesem Fehler hatten wir gelernt. Wir mussten irgendwie unsere Eltern verständigen, um uns abzuholen.

Wir liefen durch einen Ort und versuchten erst einmal, etwas Abstand zu gewinnen, damit Hans uns nicht gleich wieder fand.

„Ich muss mal“, sagte Nadine irgendwann und wir hielten an.

„Lass uns einfach irgendwo klingeln“, schlug ich vor, „und dann unsere Eltern anrufen.“

Schatten der Stille

Hauinger war fuchsteufelswild und uns war klar, dass wir eine Standpauke und eine harte Strafe erwarten würden.

„Ich bin eure Eskapaden leid“, fuhr er uns an, „Hans hat Besseres zu tun, als ständig den Babysitter für euch zu spielen. Von nun an müssen andere es übernehmen, euch zu zähmen und zu bewachen. Heute Nacht findet in meinem Club eine Auktion statt, und ich habe bereits einige Anfragen von Kunden, die sich für euch interessieren.“

Nadine fing sofort wieder an zu weinen, und Hauinger schrie sie wütend an, doch auch Heidrun und ich waren nicht besonders glücklich darüber. Was würde jetzt auf uns zukommen? Was mussten wir erwarten, wenn irgendein perverses Schwein uns kaufte und wir ihm hilflos ausgeliefert waren? Hier in unserem Gefängnis langsam zu verrotten war am Ende noch angenehmer, als gequält, misshandelt oder ermordet zu werden.

Eine schwere Entscheidung

Jochen lag neben Maren im Bett und starrte die Decke an. Maren war ein perfekter Ersatz für Alexandra. Er hatte ihr von seiner großen Liebe erzählt und sie hatte Verständnis dafür gehabt. Es war herrlich, mit ihr zu schlafen, und sie war ebenfalls wunderschön.

Und natürlich war er froh, nicht länger der betrogene Ex des hübschen Mädchen zu sein, sondern der beneidenswerte Liebhaber, der über den Verlust hinweggekommen war und eine neue Schönheit erobert hatte.

Trotzdem hatte er immer nur an Alexandra denken müssen, während er Maren geliebt hatte, und er schämte sich dafür. War er denn noch nicht bereit für eine neue Beziehung? Warum konnte er Alexandra nicht loslassen, es akzeptieren, dass sie ihr eigenes Leben hatte und ihre eigenen Entscheidungen traf?

Schatten der Stille

„Was ist los mit dir?“ wollte Maren wissen und rutschte näher an ihn heran.

„Ich… mir geht gerade so viel im Kopf herum“, antwortete er unbestimmt.

„Alexandra“, sagte sie, „du vermisst sie immer noch.“

Er nickte nur.

„Du wirst über sie hinwegkommen“, versprach sie ihm, „ich werde dir dabei helfen, wenn du möchtest. Ich weiß, wie schlimm enttäuschte Liebe sein kann. Zu viele Jungs haben mir das Herz gebrochen, als sie ihr Interesse an mir verloren haben.“

„Es tut mir leid“, sagte Jochen zu ihr, „es ist nicht fair dir gegenüber, dass ich an sie denken muss, wenn wir zusammen sind. Es hat nichts mit dir zu tun – du bist ein wunderbares Mädchen und ich möchte dich mit meinen Gefühlen nicht belasten.“

Spuren im Dunkeln

Linda Preisner war eine Polizistin, die ihren Beruf sehr ernst nahm. Sie hatte von dem Fall der verschwundenen Alexandra Schneider gehört und darum gebeten, den Fall übernehmen zu dürfen.

Alle Anzeichen weisen auf ein Gewaltverbrechen hin. Es gab keinen triftigen Grund zu der Annahme, dass die Schülerin durchgebrannt war. Sie hatte Eltern, die sie liebten, war in der Schule beliebt und hatte gute Noten.

Sie hatte mit allen gesprochen, die das Mädchen in den Tagen vor ihrem Verschwinden gesehen hatte und hatte sich Notizen gemacht.

Jochen traf Linda Preisner an ihrem Arbeitsplatz im Polizeipräsidium.

Schatten der Stille

„Kann ich dir einen Kaffee anbieten?“ fragte sie ihn, „du siehst aus, als könntest du einen brauchen.“

„Gerne“, antwortete er. Die Polizistin war ihm auf Anhieb sympathisch.

Gemeinsam setzten sie sich an den Computer.

„Das Darknet ist inzwischen viel größer geworden, als das ’normale‘ Internet, das jeder kennt“, erklärte sie ihm, „man kommt nur mit einem VPN und einem ganz speziellen Browser hinein. Und ohne eine gute Firewall und einen aktuellen Virenscanner sollte man es nicht versuchen. Hier werden kriminelle Geschäfte abgewickelt, verbotene Dateien und Bilder getauscht und illegale Dienste angeboten.“

Sie verband ihren Computer mit dem VPN-Netzwerk und öffnete den Tor-Browser. Dann startete sie eine Suche und sie warteten geduldig auf das Ergebnis.

Letzte Hoffnung

Unsere Gefangenschaft ging uns immer mehr auf die Nerven. Heidrun und ich mussten uns ständig um die Mädchen kümmern, die mit der Angst nicht zurechtkamen. Immer wenn eine von ihnen sich wieder halbwegs beruhigt hatte, fing eine andere an zu schluchzen.

Heidrun und mir ging es auch nicht viel besser, auch wenn wir einander hatten und uns gegenseitig Kraft gaben, unsere Situation durchzustehen.

Mit den Mädchen Fotos zu schießen, war eine willkommene Abwechslung, und ich nutzte die Gelegenheit, allein mit ihnen zu reden, sie besser kennenzulernen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Besonders Sonja war am Anfang auch mir gegenüber misstrauisch, weil ich mit unseren Entführern zusammenarbeitete. Erst als ich ihr erzählte, was ich alles erlebt hatte, fasste sie nach und Vertrauen zu mir, und es gelang mir, auch von ihr tolle Bilder zu machen.

Hans oder Kai waren immer in der Nähe, wenn wir fotografierten, doch meistens war es ihnen zu langweilig, uns zuzusehen, und sie beschäftigten sich mit anderen Dingen.

Die Aktion hatte mit einem Haftbefehl und einem Durchsuchungsbefehl für Kai begonnen. Es traf ihn vollkommen unvorbereitet, während er an seinem Computer saß und Bilder bearbeitete, die besten auswählen und das Material auf den Server hoch lud. Das war seine Aufgabe und er wurde von Hauinger großzügig dafür bezahlt, durfte sich fast jedes der Mädchen aussuchen wenn ihm danach war, und durfte einen von Hauingers schicken Sportwagen benutzen, wenn er sich auf die Suche nach neuen Opfern machte.

Schatten der Stille

Die Bildergalerie mit den Fotos, die Hans von mir gemacht hatte, sah er sich immer wieder gerne an. Sie war eine der besten Mädchen, die Hauinger in seinem Sortiment hatte, und ihr wilder Zorn reizte ihn immer wieder aufs Neue, wenn er sie sich nahm. Sie zu zähmen empfand er als seine größte persönliche Herausforderung.

Während er sich noch ausmalte, was er als nächstes mit dem Mädchen anstellen würde, klingelte es an seiner Wohnungstür. Die unerwarteten Besucher trafen ihn völlig unvorbereitet und warfen alle Pläne über den Haufen.

Die Rückkehr ins Licht

Ich musste nicht lange im Krankenhaus bleiben und meine Eltern waren glücklich, als sie mich endlich abholen durften.

Auch Jochen war mitgekommen und es war großartig, wieder mit ihm zusammen zu sein. Wir versicherten uns gegenseitig, dass wir nicht länger böse aufeinander waren, weil wir den anderen betrogen hatten, und vereinbarten, dass wir in Zukunft wieder über alles offen reden würden, was uns beschäftigte.

„Wir haben einen Therapieplatz für dich gefunden“, berichtete meine Mutter, „es ist eine renommierte psychiatrische Klinik, die auf die Behandlung von jugendlichen Missbrauchsopfern spezialisiert ist und die dir helfen werden, was dir angetan wurde zu verarbeiten.“

Früh am Samstagmorgen brachte uns ein Flugzeug nach Kingston. Ein warmer Sommerwind wehte uns entgehen und ein Taxi brachte uns zu unserem Hotel.

Schatten der Stille

Heidrun staunte nicht schlecht, als wir in dem schicken Hotel eincheckten.

„Das ist ja noch viel vornehmer, als Hauingers Villa!“

„Und die Gesellschaft ist hundertmal besser“, lachte ich, „obwohl ich nicht glaube, dass wir viel Zeit in dem Hotelzimmer verbringen werden.“

„Es ist nicht weit zum Strand“, meinte Mom, „und wenn ihr keine Lust habt, zu Fuß zu gehen, bringt euch einer der Angestellten hin.“

„Wir hätten die Tasche mit den Badeanzüge mitnehmen sollen“, lachte Heidrun.

Epilog

Die Psychiatrische Klinik in Bad Seeheim war seit zwei Wochen mein vorläufiges Zuhause. Mit fachkundiger Unterstützung der Psychotherapeutin Dr. Karin Dannenberger arbeitete ich daran, das Trauma meiner Entführung und den schrecklichen Gewalttaten, die ich erlebt hatte, aufzuarbeiten.

Ein erster Erfolg war, dass meine Alpträume immer seltener wurden und ich mich immer mehr über die kleinen Dinge des Alltags freuen konnte.

Schatten der Stille

Spaziergänge im Park, bei denen ich meine Kamera immer dabei hatte, meine tägliche Laufstrecke am Waldrand entlang und der regelmäßige Besuch im Freibad, bei dem ich große Strecken schwamm und schnell meine alte Kondition wiederfand, halfen mir enorm, mit der Vergangenheit abzuschließen und optimistisch in die Zukunft zu schauen. Neue Herausforderungen würden mich mit dem neuen Schuljahr erwarten, doch ich war optimistisch, dass ich dafür genug Kraft hatte.

Heidrun sah unsere Freunde als erste und stürzte auf sie zu. Roxanne zog sie in ihre Arme und die beiden Mädchen küssten sich.

Ich hätte es mir denken können. Schon bei unserem Aufenthalt in der Karibik hatten sich die beiden prima verstanden.

Jochen grinste, als er mein überraschtes Gesicht sah, und meine Überraschung wurde noch größer, als ich die beiden Mädchen sah, die mitgekommen waren.


Mehr über die starken Heldinnen in meinen Geschichten findet ihr in dieser Übersicht.

Schaut euch auch meine anderen Comics an oder ladet euch das ebook herunter.


Isabella Buchfink

Isabella Buchfink ist ein Pseudonym. Sie schreibt Science Fiction, Thriller und Fantasy-Geschichten. Sie lebt im Süden Deutschlands und arbeitet im Realen Leben in der ungefährlichen Welt der IT. Neue Bücher sind in Bearbeitung und noch gehen ihr die Ideen nicht aus…

Wir verwenden Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Social-Media-Funktionen bereitzustellen und unseren Datenverkehr zu analysieren. Wir geben auch Informationen über Ihre Nutzung unserer Website an unsere Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter. View more
Cookies settings
Akzeptieren
Ablehnen
Datenschutz- und Cookie-Richtlinie
Privacy & Cookies policy
Cookie name Active
Save settings
Cookies settings