Noch eine Comic-Version einer meiner Geschichten: „Ein dämlicher Zwischenfall“
Prolog
Die junge Frau sah nicht sehr glücklich aus. Wutentbrannt stürmte sie durch das Zimmer in der kleinen Wohnung, zog ein paar Sachen aus ihrem riesigen Kleiderschrank und warf sie in eine Reisetasche.
Immer wieder griff sie zu ihrem Smartphone, wählte dieselbe Nummer und seufzte, wenn wieder einmal keiner den Anruf beantwortete.
Die langen, braunen Haare fielen ihr ins Gesicht. Sie waren ihr Markenzeichen, so wie ihre Figur und ihre vollen Brüste, für die sie noch immer die Raten der Operation bezahlen musste.
Eines Tages würde sich ihre Investition hoffentlich gelohnt haben. Sie war bereit, alles für ihre Karriere zu tun, selbst wenn sie noch einmal mit dem alten Mann aus Amsterdam schlafen musste, um endlich ihr Ziel zu erreichen.
Sie warf einen ihrer Badeanzüge in die Tasche und schloss den Reißverschluss. Jetzt aber nichts wie weg, bevor sie noch vollkommen durchdrehte!
Systemfehler
„Hast du Lust auf ein paar Tage Strand und Sonne pur?“ fragte mich Miriam, „ich bin das Regenwetter in der Großstadt wirklich leid. Schau nur, wie hell meine Haut geworden ist!“
Miriam hatte Recht. Nach drückender Hitze regnete es seit zwei Wochen fast ununterbrochen.
„Außerdem haben wir die letzten Wochen nicht viel Zeit füreinander gehabt“, fuhr sie fort, „wir hatten so viel Arbeit und Stress mit der neuen Kampagne.“
„Das ist eine gute Idee“, antwortete ich, „wie lange ist es her, seit wir das letzte Mal auf Kreta an unserem Strand gewesen sind?“
Miriam teleportierte als erste. „Bis gleich“, sagte sie als der Teleporter sie scannte und sie vor meinen Augen verschwand.
Ich nahm meine Tasche und stellte mich auf das Telepad. Das Ziel war schon eingestellt und ich drückte auf den ‚Teleport‘-Knopf.
Nichts geschah. Nur eine Meldung: Systemfehler 4436 – Ihre Übertragung konnte nicht gestartet werden. Bitte versuchen Sie es in wenigen Minuten noch einmal.
Ich wartete einen Moment. Das konnte immer mal passieren, wenn das Netz mal wieder unter Last stand oder einer der Router gerade nicht wollte.
Was können wir tun?
Noch einmal sah ich mir die Sachen in Vanessa Tasche an. Eine große Auswahl hatte ich nicht. Miriam hatte mal wieder vollkommen recht: ich brauchte dringend noch mehr zum Anziehen. Schließlich konnte ich ja auch nicht ständig Miriams Kleiderschrank plündern.
Wir teleportierten in ein gut sortiertes Kaufhaus in der Altstadt und sahen uns in der Damenabteilung um.
„Fangen wir mit ein paar Sommerkleidern an“, schlug Miriam vor, „und dann Schuhe.“
Ich stimmte ihr zu und wir fanden schnell ein paar süße Kleider, Jeans, Oberteile, drei Paar Schuhe, Sandalen und ein Menge anderer Sachen.
Dann gingen wir in die Wäscheabteilung.
„Ein paar Garnituren einfache Slips sind nie verkehrt“, schlug Miriam vor, „aber vielleicht magst du auch ein paar aufregendere Teile. Seide, Spitze, vielleicht ein paar Bodys.“
„Das klingt gut“, lächelte ich mühsam.
Auch hier wurden wir mit Miriams fachkundiger Hilfe schnell fündig und ich erstand einige wirklich süße Teile. Trotz dem ganzen Unbehagen konnte es kaum erwarten, sie zu tragen.
Der Lover
Ralf saß in einem monströsen Sessel vor dem Fernseher, eine Bierflasche in der Hand, und sah sich irgendeine total bescheuerte Serie in dem riesigen Fernseher an.
„Wo hast du gesteckt?“ fuhr er mich zur Begrüßung an, „du bist einfach abgetaucht ohne dich zu melden! Du hast mir versprochen, dass du zur Geburtstagsfeier von Mama mitkommst. Ich musste die ganzen Langweiler ohne dich ertragen und konnte noch nicht einmal die Frage beantworten, wo du gerade steckst.“
„Ich wollte ja mitgehen, wie ich es versprochen hatte“, antwortete ich, „aber es gab einen kleinen Zwischenfall mit dem Teleporter, so dass ich aufgehalten wurde, und das Mobilfunknetz funktioniert nicht immer zuverlässig auf der Insel.“
„Danke für dein Verständnis, Ralf“, sagte ich zu ihm und versuchte, wenigstens ein bisschen freundlich zu klingen. Ich war erleichtert, dass ich dieses Mal davongekommen war.
Er zog mich näher an sich heran, schob eine Hand in meine Hose und begrabschte meinen Hintern. Unwillkürlich zuckte ich zusammen und wich einen Schritt zurück. Das ging mir doch zu weit, selbst wenn ich entschlossen war, das Spiel eine Weile mitzuspielen.
Er ließ mich los und stieß mich von sich, dann knallte mir eine Ohrfeige ins Gesicht, dass ich taumelte und mir Hören und Sehen verging. Dann schlug er mir mit der Faust in den Bauch und trat mit den Füßen nach mir.
Ich krümmte mich vor Schmerzen und sank auf die Knie. Tränen schossen in meine Augen, ohne dass ich es verhindern konnte. Viel lieber hätte ich Stolz und Stärke gezeigt, statt mich von meiner Schwäche demütigen lassen wollte. Ein Teil von der ‚richtigen‘ Vanessa in mir wollte sich die Attacke nicht gefallen lassen, aber mein Wille war stärker.
Lampenfieber
Der Teleporter brachte mich direkt in das Aufnahmestudio am Strand von Miami Beach.
Tropische Hitze schlug mir entgegen, als der Teleporter mich auf dem Telepad materialisierte.
Ein hübscher Teenager begrüßte mich dort. Carina war zusammen mit Ilonka in einem Kinderheim aufgewachsen und hatte sich inzwischen zu einer erfolgreichen Designerin entwickelt, entwarf ihre eigene Kollektion und hatte mit ihrem Erfolg ihren Platz in der Modewelt gefunden.
„Hallo Miss Vogelstein, schön dass Sie gekommen sind“, sagte sie freundlich, „ich bin Carina.“
Carina gab mir einen der Badeanzüge, die ich für die Aufnahmen tragen sollte, und ich zog mich rasch um.
Dann ging ich zu Konstanze, die mich auf einem Klappstuhl setzte und mein Gesicht mit Make-up aufpolierte. Im Gegensatz zu mir wusste sie genau, was sie tat, und sie arbeitete flink.
Während sie arbeitete, plauderten wir, und es war angenehm, mit ihr zu reden.
Als sie mit der Arbeit fertig war, reichte sie mir einen Spiegel und ich staunte, wie sie Vanessas Äußeres verändert hatte. Jetzt war es das Gesicht einer sinnlichen Göttin.
Shooting
Christoph Cossmann rief mich am anderen Tag auf Vanessas Smartphone an.
„Mar … Vanessa Vogelstein“, meldete ich mich, „guten Tag.“
„Hi Vanessa“, antwortete eine männliche Stimme, „hier ist Christoph Cossmann. Du denkst an das Shooting für das ‚Swimsuit International Sommer Special‘ heute Nachmittag? Ich schick dir gleich die Teleport-Location. Hab mich schon gewundert, wo du abgetaucht bist. Wolltest du dich nicht die Tage bei mir melden?“
Ah, das war bestimmt mein Agent, der mir die Model-Jobs vermittelte. Ich würde einfach so tun, als wäre alles ganz normal, und versuchen, das Shooting irgendwie zu überstehen.
„Ich war an einem schönen Strand am Mittelmeer“, antwortete ich, „hatte Schwierigkeiten … mit dem Netz.“
Ich sah eine Weile zu, wie Nina in verschiedenen Badeanzügen und winzigen Bikinis vor der Kamera posierte und sie machte eine riesige Schau für die Kamera, drehte sich und wechselte immer wieder von einer Pose zur nächsten.
„Wow, du bist wirklich eine Schönheit“, sagte Louis Fichte der Kameramann, „viele Männer würden ihr Augenlicht dafür geben, nur eine einzige Nacht mit dir zu verbringen.“
Ich wurde knallrot und es blieb ihm nicht verborgen.
„Du siehst noch viel süßer aus, wenn du rot wirst“, versicherte er mir, „das schlägt sogar noch deine legendären Kurven.“
Zwei Blödmänner
Inzwischen war Richard Bischoff nicht untätig gewesen. Der Alltag im Gefängnis war nervtötend öde, aber er verstand es, die richtigen Leute zu finden, sich mit ihnen zu verbünden und Pläne zu schmieden, wie er endlich seine Freiheit wiederbekommen konnte, um die Frau, die er unbedingt wollte, zurückzugewinnen.
Noch immer hatte er es sich in den Kopf gesetzt, dass er Miriam erobern und sich an mir rächen wollte.
Für Miriam war es der größte Fehler, den sie in ihrem Leben gemacht hatte. Es war nur eine einzige Nacht gewesen, die sie mit Richard verbracht hatte, und sie hatte es bereut, dass sie seinem Drängen nachgegeben hatte. Wäre ich damals nur nicht so feige gewesen, sie anzusprechen.
Richard neuester Zellengenosse war Spanier, und er war ein Meister darin, Dinge zu organisieren, die alles andere als legal waren.
„Ich gehe kurz in die Stadt“, sagte ich zu ihr. Mir rauchte der Kopf und ich brauchte eine Pause. „Ich bin in einer halben Stunde wieder zurück.“
Der kurze Weg in die Altstadt tat mir gut. Ich sah mir die Schaufenster von ein paar Läden an und wunderte mich selber, dass ich mich plötzlich sogar für den Schmuck interessierte, den ein Juwelier anbot.
Als ich mich wieder umwandte, starrten mich zwei Männer an. Einer von ihnen kam mir bekannt vor.
„Keine falsche Bewegung!“ rief der andere, der wie Richard aussah, obwohl ich genau wusste, dass Richard im Gefängnis saß und nicht hier draußen herumspazierte.
„Los, rein in den Wagen“, fuhr Richard mich an, „und zwar schnell, bevor ich nachhelfen muss!“
Sie stießen mich unsanft auf den Rücksitz und banden mir die Hände zusammen.
Club Colosseum
Der ‚Club Colosseum‘ war eine der angesagtesten Diskotheken, in der sich Leute aus der Modewelt, Schauspieler, Künstler und Musiker trafen. Der Innenraum des Clubs war wie eine römische Arena gestaltet. In der Mitte des runden Gebäudes war die Tanzfläche, die mit Säulen und Bögen aus Styropor und Gips von dem äußeren Ring abgeteilt war. Dort gab es Lounges, wo man bequem sitzen konnte, und hier befand sich auch eine gut bestückte Bar, wo bunte Cocktails gemischt wurden und sich die Singles trafen, um einen Partner oder eine Partnerin für ein paar schöne Stunden, eine aufregende Nacht oder mehr zu treffen.
Als ich dort eintraf, begrüßte mich Johnny, der Türsteher, wie einen alten Bekannten.
„Hey Vanessa, schön dich zu sehen“, sagte er, „du bist schon lange nicht mehr hier gewesen.“
„Hallo Johnny“, antwortete ich, „ja ich war in letzter Zeit sehr beschäftigt. Du weißt ja, wie es in der Branche gerade zugeht.“
Wir redeten über dies und das. Ich erzählte ihm von dem Shooting und er hielt eine Lobeshymne auf Louis, der wieder einmal ganze Arbeit geleistet hatte.
„Fichte ist ein Genie“, pries er ihn, „er hat deine Schönheit hervorragend in Szene gesetzt.“
„Das ganze Team ist sehr professionell“, stimmte ich ihm zu, „und auch Carina hat eine tolle Mannschaft. Ich möchte bald wieder mit ihr arbeiten, wenn sie die neue Kollektion fertig hat.“
„Ja, die kleine Wiedenfeld ist gut“, stimmte er mir zu, „aber sie hat ihren eigenen Kopf. Pass auf, dass sie dich nicht für ihre eigenen Zwecke benutzt und sorge dafür, dass Cossmann die Verträge sorgfältig prüft.“
Ich nickte nur. Carina vertraute ich deutlich mehr, als Hagedorn.
Lächeln, lächeln, lächeln…
Der nächste Model-Job fand an einem anderen herrlichen Strand statt. Der ‚Playa Dorado‘ lag an in der Dominikanischen Republik und war ein perfekter Ort für das Shooting.
Wieder war es Louis Fichte, der die Bilder schoss.
Auch ein Geschäftsführer des Auftraggebers war anwesend. Er trug einen dunklen Anzug und vornehme Schuhe, und er achtete vorsichtig darauf, nur auf den Holzstegen zu gehen, damit seine Schuhe nicht vom Sand schmutzig wurden.
„Lächeln, lächeln, lächeln!“ sagte Fichte zu mir, „zeig‘ der Kamera, wie glücklich du bist.“
„Ich bin heute nicht in der Stimmung für Lächeln“, antwortete ich und seufzte. An manchen Tagen war der Wunsch, wieder in mein normales Leben zurückzukehren, stärker als alles andere.
Auch ein Geschäftsführer des Auftraggebers war anwesend. Er trug einen dunklen Anzug und vornehme Schuhe, und er achtete vorsichtig darauf, nur auf den Holzstegen zu gehen, damit seine Schuhe nicht vom Sand schmutzig wurden.
„Ach Vanessa, lass uns nicht um den heißen Brei herumreden“, gab er zurück, „ich will dich, nicht deine Fotos.“
„Gib mir etwas Zeit“, sagte ich schließlich zu ihm, „ich muss ein paar Dinge regeln, und dann reden wir nochmal darüber, okay?“
„Oh Vanessa, du bist kaum wiederzuerkennen“, meinte er kopfschüttelnd, „die Vanessa von Ibiza hätte mich inzwischen längst verführt.“
Auch ein Geschäftsführer des Auftraggebers war anwesend. Er trug einen dunklen Anzug und vornehme Schuhe, und er achtete vorsichtig darauf, nur auf den Holzstegen zu gehen, damit seine Schuhe nicht vom Sand schmutzig wurden.
Am Ziel
Die Pressekonferenz fand in einem schick eingerichteten Saal in den Outlets statt. Ich trug einen schwarzen Catsuit und halbhohe Schuhe, auf denen ich gerade noch laufen konnte.
Eine Menge Journalisten und Fotografen waren anwesend und hinter der letzten Stuhlreihe mussten noch einige stehen, die keinen Platz gefunden hatten. Fernsehkameras und Scheinwerfer waren auf mich gerichtet, so dass ich wegen des grellen Lichts kaum etwas sehen konnte.
Cossmann begrüßte die Anwesenden und hielt eine kleine Ansprache. Fotos der neuen Kollektion wurden auf einer Leinwand gezeigt und einige blätterten eifrig in der Pressemappe, die für die Reporter vorbereitet war.
Geduldig versuchte ich die Fragen zu beantworten, über die ich sprechen wollte. Ich erzählte von Miriam und Ilonka, über die Freundschaft, die uns verband und über die Trennung von Ralf, ohne jedoch die ganze Geschichte detailliert auszubreiten.
„Ich habe damit begonnen, mich neu zu orientieren“, ließ ich die Presse wissen, „ich habe neue Kontakte geknüpft und gute Freunde gefunden.“
Ich sah mich in der Runde um und lächelte. Die Journalisten sahen überrascht aus. Einige machten sich eifrig Notizen, und ich überlegte, was sie wohl schreiben würden.
„Ich habe neulich Carina Wiedenfeld, die Designerin und Chefin von ‚Carina Wiedenfeld Fashion‘ in Miami Beach getroffen“, fuhr ich fort, „wir haben uns sehr gut verstanden und planen eine Kooperation. Sie hat ein großartiges Team, das sehr kreativ und professionell arbeitet.“
Seltsame Begegnung
Ich musste nicht lange nach Vanessa suchen. Sie saß etwas abseits auf einer Bank im bewirtschafteten Burghof, der ‚Burgschänke‘.
Ich erkannte eins meiner T-Shirts, das sie trug. Ihr Gesicht war mit einer dunklen Sonnenbrille und einem albernen Sonnenhut verdeckt, den sie sich weit ins Gesicht geschoben hatte.
Eine Kaffeetasse stand vor ihr, und sie stocherte lustlos mit einer Kuchengabel in einem Himbeerkuchen.
„Darf ich mich zu dir setzen?“ fragte ich sie.
„Sicher“, murmelte sie ohne mich anzusehen.
Immerhin hörte sie nun zu, was ich zu sagen hatte, obwohl ihr Blick noch immer misstrauisch und feindselig war.
„Ich möchte nur, dass wir das Problem irgendwie lösen“, fuhr ich fort, „bis dahin sollten wir versuchen, wie zivilisierte Menschen miteinander umzugehen.“
Sie schluckte und nickte.
„Von mir aus“, lenkte sie schließlich ein, „etwas anderes bleibt mir ja sowieso nicht übrig.“
„Danke für dein Verständnis“, sagte ich zu Vanessa, „ich arbeite an einer Lösung. Leider ist es nicht ganz so trivial. Wenn du möchtest, gebe ich dir meine Telefonnummer und halte dich auf dem Laufenden.“
Die Tote im See
Ich fand die beiden zusammengerollt auf dem Sofa im Wohnzimmer, als ich aus Göttingen zurück nach Hause teleportierte. Das Zimmer war dunkel und still, nur ein paar Kerzen brannten.
„Hallo ihr beiden“, begrüßte ich sie, ohne etwas von dem Drama zu ahnen, das die beiden erschüttert hatte, „warum sitzt ihr hier im Dunklen?“
Miriam fuhr hoch, stieß einen lauten Jubelschrei aus und stürzte sich in meine Arme.
„Oh Martin, du lebst!“ rief sie und drückte mich fester, als sie es sonst tat.
„Es war gerade in den Nachrichten“, berichtete sie mir, „Vanessa wurde ermordet und ihre Leiche ist am Ufer des Tegernsees gefunden worden.“
„Das war jedenfalls nicht ich“, stellte ich fest, „und die ‚richtige‘ Vanessa war es ebenfalls nicht. Ich habe sie gerade getroffen und mit ihr gesprochen. Da war sie definitiv noch am Leben.“
„Das kann nur eins bedeuten“, schlussfolgerte sie, „es muss ein Klon von Vanessa gewesen sein.“
„Der Klon, den Richard und dieser Spanier in Málaga von mir angefertigt haben“, ergänzte ich.
Cover Girl
Christoph Cossmann rief mich am übernächsten Tag an. Aufgeregt überbrachte er mir Neuigkeiten:
„Du hast es geschafft, Vanessa!“ beglückwünschte er mich, „du bist auf dem Cover von ‚Swimsuit International‘ und wir verhandeln gerade mit einem großen Magazin, um ein ausführliches Feature über dich zu bringen. Vielleicht bringen wir dich sogar als Gastdarstellerin in einer bekannten Fernsehserie unter. Selbst Hollywood ist nicht ganz ausgeschlossen.“
„Wow, das ist ja großartig!“ antwortete ich mit gemischten Gefühlen. Langsam wuchs mir die Angelegenheit über den Kopf, außerdem brauchte ich dringend ein paar Tage weg von allem Trubel, um eine Lösung für das Problem zu finden und endlich in mein eigenes Leben zurückzukehren. Um die große Karriere sollte sich besser die ‚richtige‘ Vanessa kümmern.
Als wir getrunken hatten, war es Zeit, über Geschäftliches zu reden.
„‚Swimsuit International‘ war nur der Anfang“, begann Hagedorn, „wir planen eine ganze Reihe weiterer Veröffentlichungen.“
„Ich würde gerne Aufnahmen für ‚Carina Wiedenfeld Fashion‘ machen“, sagte ich.
„Ach, Vanessa, das ist doch alles Kleinkram“, antwortete Cossmann, „wir werden dich viel größer vermarkten. In den USA, in Russland und in Fernost wartet viel mehr Kohle auf dich, als du dir vorstellen kannst.“
„Dennoch möchte ich gerne mit Carina zusammenarbeiten“, beharrte ich, „ich mag ihre Kollektion und wir haben uns hervorragend verstanden.“
Paparazzi
Nach der Talkshow teleportierte ich nicht gleich nach Hause, sondern beschloss, Miriam in der Werbeagentur zu besuchen.
Ich wählte ein Teleportziel in der Nähe des Kölner Doms und schlenderte über die Domplatte und in die Altstadt.
Ein paar Fans erkannten mich und ich gab ihnen Autogramme. Langsam gewöhnte ich mich an den Ruhm und die Aufmerksamkeit, die die Öffentlichkeit mir schenkte. Berühmt zu sein war etwas Aufregendes, obwohl ich mit meinem normalen Leben mehr als zufrieden war.
Als ich schließlich an der Werbeagentur ankam, war das Haus von Fotografen und Fans umstellt. Ich überlegte noch, ob ich umkehren und direkt zu Miriam in die Agentur teleportieren sollte, doch ich zögerte einen Moment zu lange.
„Seht mal, hier ist sie!“ rief einer der Paparazzi und hielt sich die Kamera vors Gesicht. Schnell war ich von ihnen umringt und sie schossen unzählige Bilder von mir.
Gut, dass ich nicht in bequemen Sachen aus dem Haus gegangen bin, dachte ich.
Ich lächelte ihnen mühsam zu, schrieb noch ein paar Autogramme und überlegte, wie ich so schnell wie möglich flüchten konnte. Jetzt war mir der ganze Rummel lästig, und ich war sicher, dass Miriam ebenso wenig glücklich darüber war.
„Ich danke Ihnen allen“, sagte ich schließlich zu den Fotografen, „doch jetzt möchte ich Sie bitten, Miriam und mich in Ruhe zu lassen. Ich bin sicher, Sie haben genug Material bekommen, und Sie werden noch mehr Gelegenheit haben, Bilder von mir zu machen. Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.“
Nach und nach machten sich die Paparazzi wieder auf den Weg und ich konnte endlich zu Miriam gehen.
Mehr Klone
In Málaga waren Richard und Raul Encarnación nicht untätig gewesen. Sie hatten am Strand nach ein paar Mädchen Ausschau gehalten und eine junge Schönheit entführt.
„Kirillovich wird sich freuen“, sagte Raul zu Richard, „die Kleine ist sexy und ein echter Wildfang. Wir werden bald in Geld schwimmen und müssen uns keine Sorgen mehr machen.“
„Ja, du hast recht“, antwortete Richard, „obwohl ich mir nicht sicher bin, ob wir ihm die Klonmaschine wirklich aushändigen sollten. Wenn wir 6 Millionen damit verdienen können, könnten wir ebenso gut auch 60 Millionen machen.“
Das blonde Mädchen hieß Stephanie Krämer und war 12 Jahre alt. Sie hatte panische Angst vor dem, was die Männer, die sie am Strand entführt hatten, ihr antun würden.
Die beiden sahen gefährlich aus, und ihre Mutter hatte sie immer eindrücklich davor gewarnt, mit fremden Männern mitzugehen. Als ob sie mit diesen Typen freiwillig mitgekommen wäre!
Seit Stunden war sie in dem kleinen Raum eingesperrt. Die Zeit schien endlos langsam zu vergehen, und sie starrte immer wieder aus dem vergitterten Fenster in den Hof und die Dächer des malerischen, spanischen Orts.
Unten im Hof stand der andere Mann an dem Teleporter und zog gierig an seiner Zigarette. Vor ihm hatte sie noch mehr Angst, als vor dem Spanier.
Sie hatte sich so sehr auf den Urlaub gefreut und die ersten Tage waren wunderbar gewesen. Der Strand war herrlich und das Wasser klar. Sie genoss es, zu schwimmen und in der Sonne zu liegen, sich bräunen zu lassen und zu lesen.
Unerwartete Schwierigkeiten
Mittlerweile hatte ich mich ein bisschen mehr mit Vanessa Leben und ihrer Karriere beschäftigt. Die Andeutung, dass bei irgendeiner Gelegenheit auf Ibiza etwas Geheimnisvolles passiert war, hatte mein Interesse geweckt. Vanessa musste Teil dieses Zwischenfalls gewesen sein, aber es war mir nicht klar, welche Rolle sie dabei gespielt hatte.
Für Geschichten dieser Art war das Internet die beste Quelle. Klatsch und Tratsch waren in den Sozialen Medien weit verbreitet. Besonders die populären Stars mit einem eher zweifelhaften Ruf waren oft die Zielscheibe für Gerüchte, die zum Teil einfach dämlich waren, hinter denen aber hin und wieder ein Körnchen Wahrheit steckte.
Auch der Mord an einem Spanier aus Málaga, von dem die Medien berichtet hatten, wurde kommentiert und mit Vanessa in Verbindung gebracht. Handelte es sich dabei um denselben Kerl, der mit Richard gemeinsame Sache machte? Der Typ, der Vanessa geklont hatte? Wenn Richard dahinter steckte, wunderte mich nichts mehr.
Anton Hagedorn rief wenig später an.
„Vanessa, wir müssen feiern“, sagte er gut gelaunt, „nur wir beide. Dein Auftritt im Fernsehen hat unsere Auflage um 5% gesteigert. Alle wollen sie deine Bilder sehen.“
„Die Bilder sind auch wirklich gut“, antwortete ich bescheiden, „die Outfits waren toll und das Team hat die Atmosphäre am Strand hervorragend eingefangen.“
„Oh Vanessa, du bist es, der sie verzaubert. Deine Schönheit, dein junger Körper. Lass uns wieder zusammenkommen und ein paar Tage miteinander verbringen. Alles inklusive, wenn du verstehst, was ich meine.“
Sicherheitslücke
Gemeinsam setzte wir uns an den großen Bildschirm und sahen uns den Quelltext des Programms zusammen an. Ein paar Stellen, die ein mögliches Angriffsziel bieten konnten, hatte ich schon markiert.
„Wir sollten die Größe des Programms in der Konfiguration speichern, wenn wir eine neue Version gebaut haben“, schlug Oliver vor, „dann können wir regelmäßig überprüfen, ob die Version geändert wurde, und verhindern, dass jemand sie missbraucht – absichtlich oder unfreiwillig.“
„Das ist eine gute Idee“, stimmte ich ihm zu, „und lässt sich ohne einen großen Aufwand machen. Auf diese Weise können wir diese Sicherheitslücke schließen und das Programm wieder sicher machen. Außerdem können wir mit dem CRC-Verfahren einen Prüfwert ermitteln und im Programm verwenden, was uns zusätzliche Sicherheit geben wird.“
„Jetzt sollten wir uns noch einmal in Málaga umsehen“, sagte ich zu Oliver, „ich würde gerne diesen manipulierten Teleporter finden, mir die Änderungen ansehen und ihn aus dem Verkehr ziehen, damit er nicht noch mehr Schaden anrichten kann.“
„Gute Idee“, antwortete ich, „aber lass mich geschwind in dem Protokoll nachsehen, ob die Luft rein ist oder wir am Ende noch Richard in die Arme laufen.“
„Das sollten wir unbedingt vermeiden“, stimmte Oliver mir zu, „ich möchte nicht so enden wie der Spanier.“
Die Kamera
Die Wohnung war klein und überall hingen Fotos. Das meiste waren Mädchen, viele Modeaufnahmen, aber auch einige Aktfotos waren dabei. Dazwischen waren Covers von ‚Swimsuit International‘ und verschiedenen Modemagazinen zu sehen, die er an die Wand gepinnt hatte.
„Schau mal, du bist auch dabei“, sagte Oliver und zeigte mir ein Foto von Vanessa, nur mit einem winzigen Slip bekleidet, „ich glaube, er steht auf dich.“
Ich verdrehte die Augen und ignorierte seinen Kommentar.
„Lass uns die Kamera suchen“, drängte ich ihn, „und dann schnell wieder verschwinden.“
Wir mussten nicht lange suchen und fanden die Kamera in einem kleinen Koffer, zusammen mit einigen Objektiven zum Wechseln.
Außerdem waren weitere Speicherkarten in dem Koffer. Alle waren ordentlich beschriftet. ‚Larissa 11‘ stand auf einer, ‚Sabrina 10‘ auf einer anderen. Es gab auch eine, auf der ‚Vanessa 19‘ stand. Und einer der Datenträger war mit ‚Ibiza 7/21‘ beschriftet.
„Wir können nicht alle kopieren“, meinte er, „das hält uns zu lange auf.“
„Du hast recht“, antwortete ich, „lass uns die Karte aus der Kamera und noch ein paar andere mitnehmen und so schnell wie möglich verschwinden.“
Ich nahm die Karte aus der Kamera, die noch keine Beschriftung hatte, und steckte sie zusammen mit einigen anderen in meine Handtasche. Dann teleportierten wir zurück in unseren Arbeitsraum, wo Miriam und Karin schon nervös auf uns warteten.
Larissa
Kaum war ein Problem gelöst, stellte sich eine neue Herausforderung.
Das Mädchen von der Party ging mir nicht aus dem Kopf. Ich sah mir die anderen Speicherkarten an und fand heraus, dass ihr Name Larissa war und sie erst zehn Jahre alt war.
Ich wollte sie finden und herausfinden, wie es ihr ging. Wussten ihre Eltern, was mit ihr geschehen war? Waren sie am Ende ebenfalls in die Sache verstrickt? Keine Zehnjährige verirrt sich versehentlich auf eine solche Party.
Außerdem mussten wir mit dem, was wir herausgefunden hatten, Fichte und Richard hinter Gitter bringen, damit nicht noch mehr Unheil geschah.
Ihre Adresse zu finden war nicht schwer. Ihr Name war Larissa Tischner und sie lebte bei ihrem Vater in Kreuth, nicht weit vom Tegernsee.
Miriam schlug vor, dass Ilonka uns begleitete, weil sie vermutete, dass Larissa sich eher einem Mädchen in ihrem Alter anvertrauen würde.
Wir klingelten an der Haustüre von Tischners und ein Mann öffnete. Ich erkannte einen der Männer aus Fichtes Bildern von Ibiza und erschrak.
„Vanessa Vogelstein“, begrüßte er mich, „was verschafft mir die Ehre?“
„Guten Tag, Herr Tischner“, sagte Miriam ihn, „ist Larissa zuhause? Ilonka würde gerne mit ihr reden.“
Statt einer Antwort wandte sich Tischner um und rief: „Larissa, Besuch für dich.“
Eine Zelle für zwei
Kriminalkommissar Manfred Herzog war ein sympathischer und gewissenhafter Ermittler. Es wunderte mich nicht, dass der Mord eine Menge Fragen hinterlassen hatte, die einfach nicht beantwortet werden konnten.
Er berichtete von dem DNA-Test, die er sich einfach nicht erklären konnte. Dass ich nicht tot war, glaubte er natürlich gleich, aber wer die Tote gewesen sein könnte, blieb für ihn ein Rätsel.
„Ich kann Ihnen eine Erklärung geben“, antwortete Miriam, „wie Sie wissen, sind mein Partner Martin, ein paar Freunde und ich die Entwickler des Teleporter-Systems. Wir haben herausgefunden, dass das Programm manipuliert wurde, um nicht nur eine Kopie nach der Übertragung zu erzeugen, sondern zwei oder noch mehr.“
„Damit lassen sich identische Kopien des Originals materialisieren, die von dem Original nicht zu unterscheiden sind“, ergänzte ich, „auf diese Weise hat Bischoff einen Klon von mir erzeugt, sie benutzt und dann erstochen.“
Es klingelte an der Haustür. Miriam stand auf, um zu öffnen, doch ich stoppte sie und schlug vor, selbst an die Tür zu gehen, solange sie mit Kommissar Herzog sprach.
Ich erstarrte, als ich erkannte, wer uns besuchen wollte – Richard!
„Hey Baby“, begrüßte er mich, „du siehst zum Anbeißen aus.“
„Komm rein“, sagte ich, „wir haben gerade von dir gesprochen.“
Richard stürmte ins Wohnzimmer.
„Miriam, ich will mit dir reden …“
Richard rechnete nicht damit, dass er auf Gegenwehr stieß. Mit der Waffe in der Hand fühlte er sich sicher.
Manfred Herzog reagierte sofort und zog seine Dienstpistole hervor und entsicherte sie.
Ich bin zurück
Alexander Bernhardt saß mit einer bunten Kinderschar am Ufer des Victoriasees und dozierte über den Nutzen der Fähigkeit, Zahlen im Kopf multiplizieren und subtrahieren zu können, für die Zukunft der Kinder.
„Ihr sollt eine Chance im Leben bekommen, mehr aus euch zu machen“, sagte er, „etwas zu tun, was euch Freude macht, anstatt euer Leben lang Wasser zu schleppen, Schafe zu hüten und euch mühsam um euren Lebensunterhalt kümmern zu müssen.“
Liebevoll sah er seine Schülerinnen und Schüler an. Sie hingen an seinen Lippen und saugten das Wissen auf, das er ihnen vermittelte.
„Guten Tag, Alexander“, begrüßte Miriam ihn, „wir haben mal wieder ein kleines Problem, über das wir gerne mit dir reden würden.
„Gerne“, antwortete er, „wenn ich euch behilflich sein kann, tue ich das mit dem größten Vergnügen.“
Er wandte sich zu seiner Klasse um.
„Der Unterricht ist für heute beendet“, sagte er zu ihnen, „wir machen morgen an dieser Stelle weiter. Wenn ihr wollt, könnt ihr zusammen baden gehen.“
Die Kinder packten ihre Sachen zusammen und machten sich auf den Weg, nicht ohne uns neugierig zu betrachten.
Epilog
Jetzt konnten wir endlich den lange geplanten Strandurlaub nachholen.
Wir packten eine Reisetasche mit ein paar Sachen zusammen, unsere Badesachen, Sonnenbrillen und Zahnbürsten und teleportierten nach Kreta in den Teleportbereich zu den Ferienhäuschen am Strand.
Das Häuschen in dem immer wieder wohnten, wenn wir eine Auszeit in der Sonne dringend benötigten, war glücklicherweise noch immer für uns reserviert und bald hatten wir unsere Taschen in dem gemütlichen Raum des Häuschens abgestellt, hatten uns in Rekordzeit umgezogen und liefen durch den heißen Sand ans Wasser.
Auf dem Grill glühte die Holzkohle und der Duft der Würste und des Fleisches machte uns Appetit. Nikolette stimmte ihre Gitarre und Kennisha begann zu singen. Viele der Kinder stimmten mit ein, und der fröhliche Gesang sorgte für die beste Unterhaltung, die man sich wünschen konnte.
„Bist du glücklich?“ fragte Miriam mich, die ihren Arm um mich geschlungen hatte und nicht von meiner Seite wich.
„Voll und ganz“, antwortete ich aus vollem Herzen, „bei dir zu sein und alle unsere Freunde um uns zu haben, ist wunderbar.“
Mehr über die starken Heldinnen in meinen Geschichten findet ihr in dieser Übersicht.