Wo ist Yanine? ist ein Kapitel aus meiner Geschichte Code der Angst, in dem die KI des OmniCode-Systems zum ersten Mal die Entführung einer Mitarbeiterin des High Tech-Unternehmens entführt, um sie einzuschüchtern und zu verhindern, dass sie unbequeme Fragen stellt.

Nicole macht sich schreckliche Sorgen um ihre Freundin und setzt alle Hebel in Bewegung, um sie zu finden. Und sie versucht herauszufinden, welches Geheimnis OmniCode mit der Erführung verbergen will.

Hier eine kurze Lese- und Hörprobe des Kapitels.

In der Nacht lag ich lange wach und dachte an das Gespräch mit Alice zurück. Was speicherte OmniCode alles in der riesigen Datenbank? Ich wusste, dass Datenschutz im Netz seit langer Zeit eine große Rolle spielte. Selbst Cookies auf einer Webseite galten als persönliche Daten, denen man zustimmen musste, auch wenn die meisten Webseiten ohne sie nicht ordentlich funktionierten.

Welche Daten wohl über mich gespeichert waren? Das konnte ich schnell herausfinden. Alice hatte vermutlich Gründe, wieso sie mich angesprochen hatte und darüber ziemlich besorgt gewesen war.

Ich musste mit Yanine darüber sprechen. Sie konnte mir bestimmt mehr darüber sagen. Welche Daten gespeichert wurden und wofür sie verwendet wurden.

Als ich schließlich einschlief, verfolgten mich meine Gedanken in meinen Träumen. Bilder meiner Vergangenheit wirbelten durch meinen Kopf. Mein erster Schultag mit blonden Zöpfen und einer Schultüte. Heimliche Küsse auf dem Schulhof. Wilde Partys mit Freunden und lauter Musik. Meine erste Verabredung mit einem Jungen in der Eisdiele. Im Freibad ein meinem neuen Badeanzug, wo mich alle angestarrt hatten und ich mich unbeschreiblich attraktiv gefühlt hatte. Mein ‚erstes Mal‘ mit Günther auf dem Rücksitz im Mercedes seiner Eltern. Ein Urlaub mit der Clique am Meer, wo wir nackt gebadet hatten und uns so frei wie nie zuvor gefühlt hatten.

Als ich erwachte, ging ich in die Küche und trank ein Glas Wasser. Diese Erinnerungen gehörten nur mir alleine. Ein paar Fotos hatte ich hin und wieder bei Instagram gepostet, doch das hatte ich schnell wieder beendet, als ich die ersten anzüglichen Kommentare zu lesen bekam.

Was wäre, wenn OmniCode alles, was an Bildern, Videos oder Gesprächen über mich existierte, in seiner Datenbank speicherte und den Benutzern ungefiltert zeigte, wenn sie nach mir suchten? Alice hatte mich auf Günther angesprochen. Was hatte sie über unsere toxische Beziehung im Netz gefunden?

* * *

Am nächsten Morgen kam ich ins Büro. Als erstes wollte ich mit Yanine reden, dich sie war noch nicht da.

„Sie wird schon noch kommen“, meinte Marcus, „vielleicht hat sie verschlafen.“

„Vielleicht ist sie krank“, überlegte Lila, „oder sie fühlt sich einfach nicht gut. Du musst dir keine Sorgen machen.“

Charlotte sah mich nur eisig an und schwieg.

Yanine kam auch bis zur Mittagspause nicht und jetzt machte ich mir ernsthafte Sorgen um sie. Ich rief sie auf ihrem Smartphone an, doch sie meldete sich nicht. Ich hinterließ ihre eine Sprachnachricht und legte wieder auf.

„Gibt’s etwas Dringendes, das du mit Yanine besprechen willst?“ fragte mich Marcus.

„Ich hatte gestern einen mysteriösen Anruf“, antwortete ich, „können wir irgendwo ungestört darüber reden?“

„Nicht hier. Selbst in den Besprechungszimmern gibt es Mikrofone. Lass uns nach der Arbeit aus der Stadt fahren. Ich weiß einen Ort, wo wir ungestört sind. Und lass dein Smartphone zuhause!“

„Okay“, antwortete ich, „aber das ist keine Verabredung!“

„Natürlich nicht!“

* * *

Wir fuhren mit der Bahn hinaus aufs Land und wir plauderten über dies und das. Ich erzählte ihm von meinem alten Job, den ich gekündigt hatte, weil ich eine neue Herausforderung gesucht hatte, von meiner Familie und dem Buch, das ich gerade las.

Langsam wichen die Hochhäuser der Stadt und ich sah Felder, Wiesen und Wälder, dazwischen kleine Dörfer und Bauernhöfe.

Schließlich stiegen wir aus und machten uns zu Fuß auf den Weg. Ein Feldweg lief am Waldrand entlang, der Duft von frisch gemähtem Gras erfüllte die Luft und ich hörte Vögel zwitschern und Grillen zirpen.

„Es ist schön hier“, staunte ich, „es kommt mir vor wie eine andere Welt.“

„Vor allem gibt es hier weder Kameras, noch Mikrofone“, grinste er, „hier können wir offen über alles reden, ohne dass es aufgezeichnet und gegen uns verwendet werden kann.“

Ich erzählte ihm von Alice und ihrer Warnung. Dann stellte ich ihm meine Fragen, und er versuchte, sie so gut wie möglich zu beantworten.

„Yanine ist mit dem Datenmodell unserer Wissensdatenbank am besten vertraut“, erklärte er mir, „wenn du einen bestimmten Datensatz suchst, findet sie ihn am schnellsten.“

„Ich wüsste zu gerne, was dort alles über mich gespeichert ist“, sagte ich zu ihm, „Alice behauptet, dass es über jeden sehr detaillierte Informationen gibt. Sie war sehr besorgt, dass wir die gesetzlichen Regelungen zum Datenschutz nicht einhalten würden.“

„Das ist tatsächlich ein Problem“, antwortete er nachdenklich, „diese Daten sind nicht für alle zugänglich. Man braucht besondere Rechte, um alles sehen zu können. Blackwood hat darauf Zugriff, Yanine kann die Einträge lesen und bearbeiten bis sie live gehen. Ich glaube, Charlotte darf auch recht viel.“

„Und du?“

„Ich bin der Programmierer“, grinste er, „ich habe Zugriff auf die Datenbank, aber mein Zugriff in der Anwendung ist begrenzt.“

„Dann könntest du also alles, was über mich gespeichert ist, sehen?“

„Nein, aber ich kann die Daten herunterladen und mir alles auf meiner Maschine ansehen.“

„Das ist doch fast genauso gut.“

„Theoretisch schon“, antwortete Marcus, „doch die Suche ist viel mühsamer.“

„Kannst du mir dann mal meine Daten herunterladen?“

„Ja sicher“, versprach er, „ich muss dann nur noch in der Protokolldatei ein paar Einträge löschen, um meine die Spuren zu verwischen. Das ist ein Kinderspiel.“

„Und am besten die von Yanine auch. Wir müssen sie unbedingt finden. Ich mache mir schreckliche Sorgen um sie!“

* * *

Die Sonne ging langsam unter als wir uns schließlich auf den Heimweg machten.

„Ich habe darüber nachgedacht“, sagte ich zu Marcus, „bevor wir unzählige neugierige Fragen beantworten müssen, könnten wir unseren konspirativen Ausflug als Verabredung inszenieren. Ein romantisches Date mit allem Drum und Dran.“

„Du hast vermutlich Recht“, antwortete er, „bevor wir uns in Widersprüche verwickeln, wäre eine glaubwürdige Geschichte die bessere Idee. Lass uns ein paar Fotos machen und im Netz posten. Ich habe einen Facebook-Account.“

„Und ich habe einen Instagram-Kanal.

„Auf jeden Fall werde ich dich nach Hause begleiten…“

„…und mich vor der Haustüre küssen. Ich bin sicher, es gibt genug Kameras, die das festhalten werden.“

„Gerne“, grinste er.


Mehr über die starken Heldinnen in meinen Geschichten findet ihr in dieser Übersicht.
 
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Isabella Buchfink

Isabella Buchfink ist ein Pseudonym. Sie schreibt Science Fiction, Thriller und Fantasy-Geschichten. Sie lebt im Süden Deutschlands und arbeitet im Realen Leben in der ungefährlichen Welt der IT. Neue Bücher sind in Bearbeitung und noch gehen ihr die Ideen nicht aus…

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