Mein Buch „Substitute“ ist neu und bei Amazon erhältlich. Ich möchte euch heute hier eine kleine Kostprobe davon geben. Das 4. Kapitel heißt „Verwandlung und Hoffnung“ und erzählt, wie Stephan nach seinem Unfall das erste Mal in einen Ersatzkörper schlüpft.

10.6.2025:
Ich habe heute drei Videos, die das Kapitel als Mini-Hörbuch vorstellen, auf die Webseite geladen. Viel Spaß!

Ich erinnere mich noch genau an den Morgen, an dem ich das erste Mal im Foyer von ‚Substitute‘ stand. Aus irgendeinem Lautsprecher spielte dezente Chillout-Musik und ich war fasziniert von dem Farbenspiel des künstlichen Wasserfalls in der Wartezone, wo eine freundliche Blondine mir einen Kaffee anbot und ich in einem superbequemen Ledersofa versank, solange ich auf die Mitarbeiterin wartete, die mich zu dem Termin eingeladen hatte.

„Die Firma ‚Substitute‘ hat sich auf die Herstellung und die Logistik für die Verwendung organischer Ersatzkörper spezialisiert“, erklärte sie mir, „wir haben es geschafft, eine Technologie zu entwickeln, mit deren Hilfe das menschliche Sein von einem Körper in einen anderen übertragen werden kann. Momentan hält ‚Substitute‘ alle Patente zu dieser Technologie.“

„Wow!“, staunte ich. Das klang zu schön um wahr zu sein.

„Die Technologie für die Übertragung in einen ‚Bod‘ ist inzwischen ausgereift“, fuhr Nora fort, „allerdings müssen wir vor einer offiziellen Markteinführung einige Auflagen er-füllen. Unsere Körper sollen einen höchsten Qualitätsstandard besitzen, außerdem müssen wir nachweisen, dass die Prozedur in keinster Weise mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist.“

„‚Bod‘?“

„Unsere interne Bezeichnung für einen Ersatzkörper“, erklärte sie.

„Auch dafür haben wir ein Verfahren patentiert, mit dessen Hilfe wir unbeseelte Körper am Leben erhalten“, berichtete sie geduldig, „dazu setzen wir sogenannte ‚Sleeper‘ ein. Wird eine menschliche Seele von einem Körper in einen anderen übertragen, passiert genau genommen nur ein Tausch: Der ‚Sleeper‘ wandert in den unbeseelten Körper, während die übertragene Seele seinen Platz einnimmt.“

„Das Modell heißt ‚Ralf‘. Er ist 23 Jahre alt und in einer absolut erstklassigen körperlichen Konstitution. Sein früherer Besitzer war Fitnesstrainer und ich kann Ihnen versprechen, dass er in einem wirklich hervorragend gepflegten Zustand ist.“

Ich folgte Nora durch einen langen Gang in einen Raum, der wie das Behandlungszimmer eines Arztes aussah. Neben einer schmalen, gepolsterten Liege stand ein unscheinbarer Computer, der mit einem medizinischen Steuergerät verbunden war.

„Willkommen in einer unserer Transformationskammern“, erklärte mir Nora, „hier bereiten wir unsere Kunden auf die Umwandlung vor. Normalerweise gibt es hier einen kurzen Check-up. Wir wählen zusammen den Zielkörper aus. Während der Kunde sich entkleidet, kann dieser aus dem Lager geholt und für die Transformation vorbereitet werden.“

Sie bestätigte die Auswahl durch Eingabe eines Codes und ich sah die Hinweismeldung

Bod 'Lynn' wird für Übertragung auf Platz 2 vorbereitet. Source ist Nora S.

Eine Öffnung in der Wand glitt auf und ein Metallcontainer wurde auf einer schmalen Schiene in den Raum geschoben. Der Deckel wurde geöffnet und ich sah den Körper der blonden Frau in dem Behälter, der mit einem Polster ausgekleidet war, liegen. Sie trug einen einfachen Leotard, der eng an ihrem Körper lag. Ihre Arme waren mit Lederriemen um den Körper festgeschnallt, ebenso die Beine und der Rumpf.

Nora klappte die Seitenteile des Behälters herab und ich bemerkte, dass der Boden des Behälters genau wie die schmale Liege daneben aussah.

Substitute

Nora öffnete die Riemen und befestigte einige Sensoren an Stirn, Hals, Brust und Bauch des Zielkörpers. Sekunden später erschienen die Messdaten ihrer wichtigsten Körperfunktionen auf dem Bildschirm: Puls, Blutdruck, Atemfrequenz, Sauerstoffgehalt im Blut etc.

„Alles in Ordnung“, sagte sie und begann, sich auszuziehen. Auch sie trug einen Leotard als Unterwäsche. Sie faltete ihre Kleidung zusammen und legte sie in ein Fach neben der Liege. Mit wenigen Mausklicks bereitete sie das System auf die Übertragung vor, legte sich auf die freie Liege neben der blonden Frau und befestigte ebenfalls Sensoren auf ihrer Stirn, dem Hals, Bauch und Brust.

Wenige Sekunden später gab das Steuerprogramm ein akustisches Signal und ich las die Hinweismeldung:

Bereit zur Übertragung Nora S. nach Lynn P. in 20 Sekunden.

Ich betrachtete den Zähler, der langsam auf null zählte. Nora lehnte sich entspannt zurück und schloss die Augen. Als der Zähler bei drei angelangt war, bemerkte ich ein leichtes Vibrieren ihres Oberkörpers. Dann lag sie ruhig und bewegungslos da.

Sekunden später schlug die blonde Frau in dem Behälter die Augen auf und richtete sich auf. Sie nahm die Sensoren ab und erhob sich, dabei sah sie mich an und lächelte.

„Hallo Stephan“, sagte sie, „ich bin Lynn.“

Es war die Stimme der blonden Frau. Und doch war es Nora, die in diesem Körper steckte. Es war nicht nur die Art, wie sie sprach oder sich bewegte.

„Wow, das ist ja wahnsinnig!“ Ich war ehrlich überrascht, obwohl ich gewusst hatte, was passieren würde.

Lynn hatte mit wenigen Handgriffen Noras Körper mit Riemen festgeschnallt, die Seitenteile hochgeklappt und den Behälter geschlossen. Nun schob sie den Behälter zurück in die Öffnung, in die er verschwand.

„Nora wird nun in den ‚Schlafsaal‘ gebracht“, erklärte mir Lynn als sie bemerkte, dass ich sehr aufmerksam beobachtet hatte, was mit Noras Körper geschehen war, „ein ‚Sleeper‘ wird sie am Leben erhalten bis sie wieder gebraucht wird.“

Sie sah mich einen Moment an und ich konnte nicht anders, als in ihre graubraunen Augen zu schauen, um nicht wie ein kompletter Idiot auf ihren spärlich bekleideten Körper zu starren.

Nun lud sie die Daten von ‚Ralf‘ auf den Schirm. Ich betrachtete sein Bild. Er wirkte auf den ersten Blick nicht unsympathisch. Etwas mehr als zehn Jahre jünger als ich, Idealgewicht und gut trainiert.

„Bist du bereit für deine erste Verwandlung?“, wollte sie wissen. Ich merkte wie ich nun doch langsam etwas nervös wurde.

„Ja sicher“, antwortete ich betont lässig.

Ein neuer Metallbehälter wurde aus der Öffnung in den Raum geschoben. Ich sah Lynn zu, wie sie die Riemen von seinem Körper löste.

„Du kannst dich dann entkleiden“, meinte sie und der Befehl klang aus ihrem Mund wie ein freundlicher Vorschlag. Ich gehorchte und zog mich bis auf die Unterhose aus, legte die Kleider in das dafür vorgesehene Fach. Als ich die Beinprothese abnehmen wollte, gab Lynn mir ein Zeichen, sie anzubehalten. Dann kletterte ich auf die Liege und sie half mir mit dem kaputten Bein, wie mir damals in der Klinik die Schwestern helfen mussten.

Sie nahm meine Brille ab und klebte mir die Sensoren auf die Haut. Sie fühlten sich kalt an. „Entspann dich“, befahl sie.

Ich schloss die Augen, versuchte mich zu entspannen.

Mein Körper wurde schwer, ich hatte das Gefühl zu schweben. Mein Körper vibrierte und ich langsam löste ich alles um mich herum auf.

Das Erwachen ging deutlich schneller. Ich war fast ein wenig überrascht, dass die Übertragung schon beendet war, als ich die Augen aufschlug.

Zuerst bemerkte ich, wie scharf alles war. Trotz meiner Brille war meine Sehkraft niemals richtig gut gewesen. Ich setzte mich auf und sah mich um.

Neben mir hantierte Lynn mit meinem alten Ich, zurrte die Riemen fest und bereitete den Behälter für den Tiefschlaf vor.

Ich erhob mich ohne Mühe, stand auf zwei gesunden Beinen und machte meine ersten Schritte in meinem neuen Körper.

Mein Blick fiel auf den Spiegel an der gegenüberliegenden Wand. Der Mann im Spiegel war jung und muskulös gebaut. Ich ließ die Handfläche über meinen Oberkörper gleiten, um mich zu vergewissern, dass es wirklich ich selbst war, der in diesem Körper steckte.

Es fühlte sich gut an. Keine Schmerzen, keine Grenzen. Ein junger Körper voller Energie, bereit in die Welt zurückzukehren.


Mehr über die starken Heldinnen in meinen Geschichten findet ihr in dieser Übersicht.

Isabella Buchfink

Isabella Buchfink ist ein Pseudonym. Sie schreibt Science Fiction, Thriller und Fantasy-Geschichten. Sie lebt im Süden Deutschlands und arbeitet im Realen Leben in der ungefährlichen Welt der IT. Neue Bücher sind in Bearbeitung und noch gehen ihr die Ideen nicht aus…

Wir verwenden Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Social-Media-Funktionen bereitzustellen und unseren Datenverkehr zu analysieren. Wir geben auch Informationen über Ihre Nutzung unserer Website an unsere Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter. View more
Cookies settings
Akzeptieren
Ablehnen
Datenschutz- und Cookie-Richtlinie
Privacy & Cookies policy
Cookie name Active
Save settings
Cookies settings