‚Nach dem Sturm‘ ist das vorletzte Kapitel meiner Geschichte Code der Angst. Nachdem Marcus, Yanine und Nicole das OmniCode-System soweit überarbeitet haben, dass die Künstliche Intelligenz keine Bedrohung mehr darstellt und nicht länger für Verbrechen verwendet werden kann, besucht Nicole die Kirche und hat ein Gespräch mit einem Pastor über die Entführungen, das OmniCode-System und das Speichern von persönlichen Daten.
Hier ein Ausschnitt aus dem Kapitel als kleiner Vorgeschmack auf das Buch.
Nach der Arbeit brauchte ein bisschen Zerstreuung. Wir hatten Dateien und Gesprächsmitschnitte entdeckt, die so persönlich waren, dass es unglaublich war, dass die KI sie zur Suche verwendete.
Zuerst überlegte ich, ob ich eine Runde Laufen sollte, doch dazu fehlte mir die Energie. Stattdessen ging ich in die City, bummelte ein wenig durch die Hauptstraße und landete schließlich vor der St. Markus-Kirche.
Wann war ich das letzte Mal in einer Kirche gewesen? Es war schon lange her. Ich ging durch den Seiteneingang in die Kirche und setzte mich in eine der Bänke wo man auf den Altar und die Glasfenster im Chorraum sehen konnte.
Es war ein friedlicher und ruhiger Ort, und die Stille tat mir gut. Nach dem ganzen Chaos und der Aufregung der vergangenen Tage und Wochen war es eine Wohltat.
Der Pastor kam in die Kirche und begrüßte mich freundlich, als er mich sah.
„Friede sei mit dir!“
„Danke, Hochwürden“, sagte ich und lächelte, „ich bin schon lange nicht mehr in einer Kirche gewesen.“
„Johannes genügt“, antwortete er, „Titel und Ehrenzeichen sind mir nicht wichtig. Ich bin ein Mensch wie du und benötige die Fürsorge und Gnade des Herrn nicht anders, als diejenigen, die sich nicht so oft hierher verirren. Kann ich was für dich tun? Ein Segenswort, ein Gebet, die Beichte deiner Verfehlungen?“
„Ich weiß nicht, ob ich etwas beichten möchte“, antwortete ich zögernd, „aber vielleicht hast du einen Rat für mich. Wir hatten eine turbulente Zeit. Ich wurde Opfer einer gemeinen Intrige und ich bekomme immer mehr das Gefühl, dass irgendetwas bei unserer Arbeit total schiefläuft.“
Ich erzählte ihm von meiner Entführung und dem Verrat durch Günther und Charlotte, meiner Freundschaft zu Yanine, Marcus und Lila und dem OmniCode-System, das alle unsere persönlichsten Daten speicherte, um damit eine intelligente Suchmaschine zu bauen.
Johannes hörte mir geduldig zu und es tat schon gut, vor ihm das Herz auszuschütten.
Anschließend schwieg er, ließ meinen Bericht auf sich wirken und in der Stille lag eine enorme Kraft, die ich spüren konnte.
„Ich danke dir für dein Vertrauen“, sagte er schließlich zu mir, „ich kann verstehen, dass dich das Thema beschäftigt. Niemand kehrt gerne sein Innerstes nach außen und du kannst mir glauben, dass vieles, was mir die Menschen beichten, sehr persönlich und ist sehr verstörend ist. Nicht umsonst gibt es das Beichtgeheimnis und manche Geheimnisse sollten lieber verborgen bleiben.“
„Das waren auch meine Gedanken“, antwortete ich, „es war beschämend, meine ganze Vergangenheit vor mir ausgebreitet zu sehen.“
„Wir glauben, dass Gott alle unsere Gedanken ganz genau kennt und versteht“, fuhr er fort, „in Psalm 139 lesen wir ‚Herr, du erforschst mich und kennst mich. Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es‘.“
„Dass Gott meine Gedanken kennt, beunruhigt mich nicht“, antwortete ich, „ich weiß, dass ich in meinem Leben dämliche Fehler gemacht habe, aber ich habe daraus gelernt.“
„Das ist die richtige Einstellung“, versicherte er mir, „und wenn du dem Herrn vertraust, wird er dich verändern und führen. Du kannst mir ihm über alles reden, auch die Dinge, die du vor anderen verbergen willst. Er weiß es sowieso. Probiere es einfach aus.“
„Das werde ich.“
„Und ich werde dafür beten, dass ihr die richtigen Entscheidungen bei diesem Programm trefft“, fuhr er fort, „ich bin ein totaler Laie wenn es um Computer geht. Ich benütze ihn fast nur, um meine Predigten zu schreiben. Computer sind ein Werkzeug, doch sie dürfen nicht unser Leben beherrschen oder unsere Entscheidungen treffen.“
Mehr über die starken Heldinnen in meinen Geschichten findet ihr in dieser Übersicht.