In meiner Geschichte Die Nexus-Maschine hat die Protagonstin Danielle merkwürdige Erinnerungen an ein früheres Leben. Sie geht der Sache auf den Grund.
Mich an mein neues Leben als Danielle zu gewöhnen war eine Herausforderung. Ich war froh, dass Jeanine mir dabei half, und sie war eine wirklich gute Freundin, mit der ich offen über alles reden konnte, was mich beschäftigte, und mir mit guten Ratschlägen und aufmunternden Worten zur Seite stand.
Ich begann mit der Arbeit in dem Forschungslabor, kämpfte mich durch die technischen Dokumente und sah mir den Programmcode des Steuerprogramms der Nexus-Maschine an.
Von den meisten Wissenschaftlern, die an dem Projekt arbeiteten, bekam ich nicht viel Unterstützung. Schnell bemerkte ich, dass sie mich nicht als neue Kollegin nicht wirklich ernstnahmen, obwohl ich in meinem Kopf noch immer der Ingenieur war, der ich vor meiner Verwandlung gewesen war. Mein Gedächtnis hatte nicht gelitten und ich erinnerte mich an alles, was ich in meiner langen Ausbildung gelernt hatte, doch sie sahen nur das junge Mädchen, das in ihrer Welt vollkommen fehl am Platz war und der sie diese Kompetenz aufgrund meines Äußeren nicht zutrauten.
Zum Glück dachte Jean-Michel nicht genauso. Er war nicht viel älter als ich und hatte in Neuronaler Informatik an einer der renommiertesten Hochschulen auf der Erde promoviert.
Jean-Michel beantwortete meine vielen Fragen geduldig und half mir, das komplexe System der Maschine zu verstehen, in dem viele unterschiedliche Komponenten zusammenarbeiteten.
Und er war ein süßer Kerl, in den ich mich sofort verlieben würde, wenn ich ein echtes Mädchen wäre. Seine blauen Augen verzauberten mich, wenn er mich ansah, und er hatte ein gewinnendes Lächeln, das Wärme und Nähe ausstrahlte.
* * *
In der Nacht wurde ich von Alpträumen gequält. Ein Mann, der mir vertraut war, den ich aber nicht erkannte, liebte mich. Wir scherzten und liebkosten uns und wir genossen es, zusammen zu sein.
Später lag ich in seinen Armen, als plötzlich die Türe unseres Appartements aufgerissen wurde und Soldaten in unser Schlafzimmer stürmten. Sie töteten meinen Partner mit einem gezielten Kopfschuss und ich starrte wie gelähmt auf die Eindringlinge.
„Nehmt sie mit“, befahl einer der Soldaten.
Sie fesselten meine Handgelenke und zerrten mich aus dem Zimmer und brachten mich in einer Limousine fort.
Dann war ich in einer engen Zelle eingesperrt, wartete im Dunklen voller Angst, was sie mit mir machen würden.
Schließlich eine Maschine, ähnlich wie die Nexus-Maschine, mit der ich verwandelt worden war. Gefesselt lag ich auf einer Pritsche und zitterte am ganzen Körper.
Ein Summen, Vibrationen, die meinen Körper durchfluteten und mich benommen machten.
Und am Ende Dunkelheit, die sich immer mehr um mich herum ausbreitete und mich am Ende verschluckte.
Ich erwachte und richtete mich mit pochendem Herzen im Bett auf. Musste ich diesen Moment in meinen Träumen noch einmal durchmachen?!
Doch es war nicht meine eigene Verwandlung gewesen, von der ich geträumt hatte, und der Traum war so realistisch gewesen, dass ich sicher war, er war eine Erinnerung an etwas, das tatsächlich geschehen war.
Eine Erinnerung eines unbekannten Mädchens, die in meinem Kopf gelandet war. Hatte ich mit dem Körper auch ihre Erinnerung geerbt? Wer war sie und woher stammte sie? War sie mit der Verbindung mit der Maschine für immer ausgelöscht worden oder war ich sie geworden, mit ihren langen, roten Haaren, dem jugendlichen Körper und allen ihren Erinnerungen?
Im Grunde war ich sicher, dass ich selbst es war, der in diesem Körper steckte. Und doch war es noch mehr. Unter der Oberfläche steckte ein Mädchen, das zum Opfer eines unmenschlichen Verbrechens geworden war und dessen ganze Existenz mit meiner verschmolzen war.
Mir wurde mit einem Mal schwindelig und ich riss das Fenster auf und atmete kräftig aus und ein. Wirr wir-belten meine Gedanken durcheinander. Das Fragment aus dem Leben des Mädchens beschäftigte mich und ich wusste nun mehr über das, was mit ihr passiert war.
Ich musste einen klaren Kopf bekommen und nachdenken. Diese Erkenntnis veränderte alles.
Rasch schlüpfte ich in meine Shorts und ein Top. Dann verließ ich das Appartement. In der Ruhe der friedlichen Landschaft, die mich umgab, wollte ich nachdenken und überlegen, was das nun für mich bedeutete.
* * *
Es tat gut, durch die bunte Landschaft von Collinda zu gehen, und es half mir, meine Gedanken zu ordnen.
Jetzt strömten mit jedem Atemzug Erinnerungen in meinen Kopf, die nicht meine eigenen waren: Bruchstücke einer Vergangenheit, die ich nie gelebt hatte – Kindheitsspiele, sanfte Berührungen, ein romantisches Date mit einem Jungen im Schein des hellblauen Mondes eines fremden Planeten.
Ich spürte die Wärme von Sonnenstrahlen auf einer alten, mit Blumen geschmückten Terrasse, hörte das Lachen von Freunden bei einem Fest und ich erinnerte mich an Musik, die in meinem Kopf erklang.
Die Erinnerungen waren lebendig, als hätte ich sie selbst erlebt. Namen und Details verschwammen, doch die emotionalen Momente aus dem Leben der Unbekannten, deren Körper ich bekommen hatte, waren klar und deutlich gespeichert.
Doch was bedeutete das nun für mich? Was sollte ich tun?
Es gab eigentlich nur zwei Optionen, die mir beide nicht besonders gut gefielen. Ich konnte Tatiana bitten, mich mit der Nexus-Maschine wieder in meine ’normale‘ Gestalt zurück zu verwandeln. Selbst wenn ich nicht fünfundzwanzig Jahre alt wurde, bekam ich meinen alten Körper und mein Leben als Mann zurück.
Oder ich akzeptierte mein neues Leben, fand mich damit ab, Danielle zu sein, und gewöhnte mich daran.
Auch das behagte mir nicht. Es war falsch, plötzlich in diesem Körper zu stecken, Brüste und vollkommen andere Geschlechtsorgane zu haben, und am Ende mich in einen Jungen zu verlieben und mich ihm hinzugeben.
Nein, das war eine schreckliche Vorstellung. Einen anderen Mann zu lieben und mit ihm zu schlafen war vollkommen indiskutabel.
Dann blieb mir nur die Maschine. Vielleicht schaffte Jean-Michel es, die Software umzuschreiben, damit das blöde Ding wirklich das tat, wofür es gebaut worden war. Möglicherweise steckte irgendwo noch ein Fehler im Programm, der meine Probleme verursacht hatte.
Doch dann fielen mir meine rebellischen Freunde Shenise, Jennifer und Lorelei ein. Ich wollte wie sie Aeternitas daran hindern, noch mehr Schaden mit der Nexus-Maschine anzurichten. Wir mussten verhindern, dass noch mehr Menschen für ihren Profit ausgebeutet wurden, gegen ihren Willen verwandelt wurden oder für grausame Experimente benutzt wurden.
Doch dann musste ich für immer in diesem Körper leben, mich damit arrangieren und irgendwie damit zurechtkommen.
Und noch etwas wollte ich tun. Ich musste herausfinden, wer das Mädchen gewesen war, dessen Erinnerungen in meinem Kopf herumspukten. Ich musste jedem Hinweis nachgehen, der sich in den Bruchstücken ihrer Erinnerung fand, und mich auf die Suche machen.
Mehr über die starken Heldinnen in meinen Geschichten findet ihr in dieser Übersicht.