Noch eine Lese- und Hörprobe: Das Kapitel ‚Ein Schritt ins Ungewisse‘ aus meiner Geschichte Eine unglaubliche Prüfung.

Ich vermisste mein altes Leben, und ich vermisste viele der Annehmlichkeiten, die Nathan besessen hatte: mein schickes Auto, mein Smartphone und meinen Laptop.

Ich musste also zu Fuß quer durch Elarys gehen, um Leonie zu treffen. Sie musste mir dringend helfen.

Leonie arbeitete in einem Büro in der Stadt und ich wartete auf sie am Haupteingang des Gebäudes, als sie Feierabend machte, wie ich es vor meiner Verwandlung schon oft gemacht hatte.

Ein Strom von Menschen kam aus dem schicken Gebäude. Viele von ihnen starrten mich voll Abscheu an, als sie an mir vorbei gingen, und ich passte in meinem schäbigen Kleid nicht mehr in diese Welt.

Als ich Leonie sah, ging ich auf sie zu und begrüßte sie.

„Hey Leonie, ich bin’s – Nathan. Ich brauche deine Hilfe.“

„Wer auch immer sie sind“, antwortete sie barsch, „ich kenne Sie nicht und gebe auf der Straße niemandem etwas.“

Sie wandte sich um und wollte gehen, doch ich hielt sie zurück.

„Gib mir eine Minute“, bat ich sie, „du erinnerst dich doch an das Orakel und die Prüfung, von der ich dir erzählt habe!“

„Woher wissen Sie davon?“ fuhr sie mich an, „das war eine Sache zwischen Nathan Bennett und mir!“

„Ich weiß. Wegen der Prüfung war ich bei Mortas Shackleton und er hat mich verwandelt. Ich habe alles verloren, was ich gehabt habe. Es ist eine Katastrophe!“

„Oh mein Gott, Nathan – du bist es wirklich! rief sie erstaunt aus, du bist ein Mädchen. Ein hübsches, schwarzes Mädchen!“

„Ja, das trifft es ziemlich genau.“

„Du musst mir alles ganz genau erzählen“, forderte sie, „lass uns in eins der Cafés am Cansor gehen. Selbstverständlich werde ich dich heute einladen. Du siehst wirklich schrecklich aus!“

* * *

An der Uferpromenade gab es einige schicke Cafés. Normalerweise hatte ich solche öffentlichen Plätze immer gemieden, denn in Elarys kannte man mich und ich wurde immer wieder von Fans angesprochen, musste Autogramme geben und unzählige dämliche Fragen beantworten. Diese Gefahr bestand aber jetzt nicht, denn das unbekannte, schwarze Mädchen aus den Slums kannte hier kein Mensch.

Wir bestellten uns Cappuccino und ich erzählte Leonie ausführlich, was mit mir passiert war.

Leonie ist eine echte Freundin

„Ich glaube, ich habe einen dämlichen Fehler gemacht“, sagte ich zu ihr, „ich wollte Mithilfe seiner magischen Kraft meine Karriere voranbringen und bin stattdessen im Elend gelandet. Die Codekarte für mein Appartement ist weg und meine Chipkarte für die Bank ebenso.“

„Du musst das Beste draus machen“, antwortete sie, „such dir einen Job. Du wirst dich jetzt wohl mit deinem neuen Leben abfinden müssen und dich daran gewöhnen. Ich will versuchen, dir zu helfen so gut ich kann.“

„Danke, Leonie, ich bin froh, dass ich dich habe! Aber ich will mich nicht allzu sehr daran gewöhnen. Schließlich bin ich Nathan Bennett. Wie soll ich in diesem Körper auf der Bühne stehen und meine Lieder singen?!“

„Trotzdem müssen wir dir was Vernünftiges zum Anziehen kaufen“, fuhr sie fort, „dieses Kleid ist verschlissen und schäbig. So kannst du nicht ständig herumlaufen – schließlich wissen wir nicht, wie lange diese Prüfung dauern wird! Wir gehen nachher in die City und kleiden dich neu ein. Es wird mir ein Vergnügen sein, mit dir shoppen zu gehen!“

* * *

Ich hasste Shoppen und nicht nur wegen der Fans, die sich wie die Geier auf mich stürzten, wenn ich irgendwo auftauchte. Dafür hatte ich eine Assistentin, die solche lästigen Dinge übernahm und dafür sorgte, dass der Kühlschrank gefüllt war und meine Sachen aus der Wäscherei abgeholt wurden.

Für Leonie dagegen schien es eine Art Freizeitsport zu sein. Ihre Schränke waren übervoll und sie war immer gut angezogen. Ob lässig, elegant oder extravagant – sie hatte unzählige Outfits und machte in allen eine gute Figur. Aber sie war auch schon länger ein Mädchen als ich.

„Im Kaufhaus ‚Pick and Go‘ ist gerade ein Sale“, wusste sie, „dort kriegen wir alles, was du brauchst. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir unbedingt in die Drogerieabteilung müssen.“

„Ich werde mir aber kein Makeup ins Gesicht schmieren!“ wandte ich ein.

„Ich habe auch eher an Tampons und Kondome gedacht“, lachte sie, „ein Mädchen muss auf alles vorbereitet sein.“

Mist, darüber hatte ich bis jetzt noch überhaupt nicht nachgedacht. Eine Periode war für Nathan immer nur eine Zeit gewesen, in der er nicht mit seiner Partnerin schlafen konnte. Jetzt musste ich selber damit rechnen, dass ich irgendwann meine Periode kriegen würde.

Der Gedanken war erschreckend, die Notwendigkeit, ein Kondom zu benutzen, noch viel mehr. Im Kopf war ich immer noch ein Kerl und ich konnte mir nicht vorstellen, mich irgendeinem Mann hinzugeben.

* * *

Das Kaufhaus war gut sortiert und Leonie kannte sich damit aus, wusste wo man welche Sachen fand und hatte schnell herausgefunden, nach welcher Größe wir in den Regalen und Kleiderständer suchen mussten.

Wir begannen mit Hosen, Tops und Kleidern. Immer wieder reichte Leonie mit etwas in die Umkleidekabine und ich probierte Hunderte verschiedene Outfits an.

Als nächste waren Schuhe an der Reihe. Ich erinnerte mich an ein Mädchen, mit dem ich vor vielen Jahr zusammen gewesen war und die von Schuhen geradezu besessen war. Überall in ihrer kleinen Wohnung war ihre Sammelwut sichtbar und ich hatte nie verstanden, wieso jemand so viele Schuhe brauchte.

Ein Schritt ins Ungewisse

Für den Anfang wählte ich ein paar halbhohe Stiefel, Sandalen und ein paar flache Schuhe.

Weiter ging es mit Wäsche und jetzt war Leonie ganz in ihrem Element. Zuerst packten wir ein paar Packungen von einfachen Slips und BHs in den Einkaufswagen, doch Leonie hatte noch ganz andere Vorstellungen:

„Tu dir was Gutes“, sagte sie zu mir und grinste, „du glaubst nicht, wie wohl man sich in aufregender Wäsche fühlt.“

Sie zeigte mir ein Regal, in dem wir wirklich heiße Wäsche fanden: winzige Thongs, die kaum etwas bedeckten, Slips, die mit Spitze besetzt waren, und Einteiler aus Seide.

„Schau mal – dieser Spitzenbody ist heiß“, sagte sie und zog ein besonders schönes Wäschestück aus dem Regal, „sowas musst du unbedingt haben. Die Männer werden verrückt, wenn sie dich darin sehen.“

„Vergiss es“, antwortete ich, „niemals würde ich mich einem Mann in sowas zeigen!“

„Ich bezahle“, grinste sie und warf das heiße Teil zu den anderen Sachen in den Einkaufswagen.

Was konnte ich dagegen tun?!


Mehr über die starken Heldinnen in meinen Geschichten findet ihr in dieser Übersicht.
 
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Isabella Buchfink

Isabella Buchfink ist ein Pseudonym. Sie schreibt Science Fiction, Thriller und Fantasy-Geschichten. Sie lebt im Süden Deutschlands und arbeitet im Realen Leben in der ungefährlichen Welt der IT. Neue Bücher sind in Bearbeitung und noch gehen ihr die Ideen nicht aus…

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