Es ist eine Herausforderung, anders als alle anderen zu sein. Rassismus hat eine lange und grauenhafte Geschichte in Europa und ist noch lange nicht ausgerottet.
Mutanten erleben es hautnah, was das bedeutet. Jana entdeckt ihre Gabe der Telepathie und hat ganz schön damit zu kämpfen.
Hier eine kleine Kostprobe aus dem 9. Kapitel „Überlebenstraining“ der Fantasy-Geschichte „Geheimnisvolle Mutationen“.
10.6.2025:
Ich habe heute drei Videos, die das Kapitel als Mini-Hörbuch vorstellen, auf die Webseite geladen. Viel Spaß!
Nach dem Zwischenfall mit dem Mutanten, der mich gejagt hatte, beschlossen wir, dass unser Versteck in der U-Bahn nicht mehr sicher war.
„Es hilft nichts, wir brauchen einen Unterschlupf, in dem wir sicher sind, der genug Platz für uns alle bietet und wo wir trainieren können“, fasste Mariana unsere Situation zusammen.
„Du hast vollkommen Recht“, stimmte Sonja ihr zu, „doch wohin könnten wir gehen?“
„Ich habe eine Idee“, antwortete Charlotte, „es gibt eine leerstehendes Lagerhalle im Industriegebiet. Sie ist groß genug für uns alle, man kommt leicht rein und raus und es gibt sogar einen Notausgang, durch den wir verschwinden könnten, falls wir dort überfallen werden.“
„Dann lasst es uns versuchen!“
* * *
Sie alte, leer stehende Lagerhalle lag am Rand der Stadt, umgeben von einem verwilderten Industriegebiet. Es war ein beeindruckendes Gebäude mit rostigen Stahlträgern und verwitterten Backsteinmauern. Die Fenster waren größtenteils zerbrochen oder mit Brettern vernagelt und das Dach wies zahlreiche Löcher auf, durch die Tageslicht und Regen eindrangen.
Trotz seines verfallenen Zustands hatte die Lagerhalle einen gewissen Charme. Der Innenraum war geräumig mit hohen Decken. Die meisten Regale und Gerätschaften, die einst hier aufbewahrt wurden, waren längst verschwunden, was uns eine Menge Platz bot.
Der Boden war mit einer dicken Schicht aus Staub und Spinnweben bedeckt, doch das ließ sich mit ein wenig Mühe beseitigen. Das Gebäude hatte mehrere Räume und separate Bereiche, was es uns erlaubte, die Privatsphäre zu wahren und uns in kleinen Gemeinschaften zu organisieren. Ein großer Raum in der Mitte war ideal für unsere Mahlzeiten und das Training.
Obwohl die vorhandenen sanitären Einrichtungen veraltet und in schlechtem Zustand waren, gab es fließendes Wasser und funktionierende Toiletten.
Durch die hohen Fensteröffnungen drang viel Tageslicht ein und schuf eine angenehme Atmosphäre ein Gefühl von Weite. Bei Nacht würden Kerzen oder improvisierte Lampen für Beleuchtung sorgen.
Obwohl die Halle einen Hauch von Verfall und Vergessenheit trug, war es für uns ein geeigneter Zufluchtsort, der uns vorübergehend Schutz und Sicherheit bot. Mit ein wenig Kreativität konnten wir es zu einem Ort machen, der Gemeinschaft und Hoffnung ausstrahlte.
„Wow, das ist ja ideal!“ freute Mariana sich, „mir ging unser enges Versteck langsam ziemlich auf den Geist.“
„Dann lasst uns die Bude auf Vordermann bringen“, sagte ich, „die Böden putzen, den Schrott auf die Seite schaffen und schauen, was wir noch irgendwie verwerten können.“
„Ich werde den Boden wischen“, erklärte Lisa sich bereit, „zum Glück haben wir Wasser hier.“
„Wir brauchen auf jeden Fall noch ein paar Möbel“, forderte Sonja, „und saubere Matratzen.“
„Die kann ich organisieren“, schlug Johannes vor.
„Ich kenne eine Gruppe Mutanten, die in ähnlich beengten Verhältnissen leben“, berichtete Rebekka, „was haltet ihr davon, mit ihnen Kontakt aufzunehmen und ihnen hier Asyl anzubieten?“
„Das ist eine gute Idee“, antwortete Sonja und wir stimmten ihr zu. Je mehr Verbündete uns zur Seite standen, desto sicherer waren wir.
* * *
Gemeinsam machten wir uns an die Arbeit und verbrachten die nächsten beiden Tage damit, uns in der alten Halle einzurichten.
Johannes brachte einen ganzen Transporter mit alten Möbeln, Matratzen und sogar einen alten Herd mit, so dass wir nicht auf dem Boden schlafen mussten und uns selber verpflegen konnten.
Endlich war der größte Schmutz beseitigt und es wurde fast wohnlich in dem alten Gemäuer.
* * *
Rebekka brachte eine kleine Gruppe Mutanten zu uns. Wir begrüßten uns herzlich und nahmen sie in unserer Mitte auf.
Eine von ihnen war Lydia, eine Meerjungfrau. Während man sie auf dem Land für ein ganz normales Mädchen halten würde, verwandelte sie sich im Wasser und ihre Beine wurden zu einem Fischschwanz, mit dem sie sich unter Wasser flink fortbewegen konnte.
Amanda war dabei und Lisa freute sich sehr, sie wiederzusehen.
„Du kannst zu uns ins Zimmer kommen“, bot sie Amanda an, und es war deutlich für alle erkennbar, dass die beiden Mädchen sich gut verstehen würden.
Angelika hatte eine erstaunliche Gabe, um die sie viele beneideten: Sie konnte fliegen, weshalb sie von ihren Freunden ‚Dragonfly‘ genannt wurde. Anmutig schwebte sie durch die Halle, als wäre sie eine Libelle.
Illustration: Svenja Giebeler
Im Gegensatz dazu war Séraphine schwer und weniger beweglich. Ihr Körper war hart wie Stein und nahezu unzerstörbar.
„Sie nennen mich ‚Stone'“, erklärte sie uns, „nur meine Großmutter sagt Séraphine, aber sie weiß nichts von meiner Mutation. Sie würde es wohl kaum verkraften.“
Renée war eine weitere Mutantin unter den Neuankömmlingen. Sie hatte rote Haare, eine Punk-Frisur und einen silbernen Ring in der Nase. In ihrem knallroten Overall war sie nicht gerade unauffällig und unser erster Eindruck war, dass sie mutig und selbstbewusst war und sich niemals an die gesellschaftlichen Normen anpassen würde.
„Ich bin Fury“, stellte sie sich vor, „ich bin ein geduldiger Mensch, aber wenn mich etwas aus der Fassung bringt, solltet ihr euch in Acht nehmen. Wenn ich wütend bin, richte ich das volle Chaos an.“
* * *
Wir saßen im Kreis in der Mitte der Lagerhalle und waren gespannt, was Rebekka uns beibringen würde.
„Unser Training wird aus verschiedenen Teilen bestehen“, erklärte sie uns, „ihr müsst lernen zu überleben. Ich werde euch Überlebensstrategien vorstellen und wir werden sie miteinander üben. Hin und wieder werden wir unser Versteck verlassen müssen und es ist wichtig, dass ihr auf unvorhersehbare Situationen vorbereitet seid.“
Das leuchtete uns ein. Wir konnten uns nicht ständig hier verstecken.
„Dazu gehört, dass ihr mit Waffen umgehen könnt, um euch im Notfall zu verteidigen“, fuhr sie fort, „ihr werdet trainieren, euch mit einem Messer zu verteidigen, auch wenn wir alle hoffen, dass ihr es niemals gebrauchen müsst.“
Au weia, das war bestimmt nicht mein Ding. Ich konnte nur hoffen, dass ich niemals in eine Situation geraten würde, in der das notwendig war.
„Und unser dritter Schwerpunkt besteht aus einem individuellen Training. Ihr alle habt ein außergewöhnliches Talent und ihr müsst lernen, damit umzugehen. Es ist enorm wichtig, dass ihr es kontrollieren könnt und ihr es gezielt einsetzen könnt. Eure Gaben sind ein kostbarer Schatz, mit dem ihr arbeiten könnt. Aber sie dürfen euch nicht beherrschen, sondern ihr müsst fähig sein, sie zu steuern, um sie so wirkungsvoll wie möglich einsetzen zu können.“
Damit hatte sie vollkommen Recht. Es gehörte sehr viel Willenskraft dazu, meine Gabe zu fokussieren und mich dabei nicht ablenken zu lassen.
Ob ich wohl lernen konnte, mich auch in einer großen Ansammlung von Menschen gezielt auf eine einzige Person zu konzentrieren und mich nicht von den vielen anderen Stimmen, die ich hörte, ablenken zu lassen?
Mehr über die starken Heldinnen in meinen Geschichten findet ihr in dieser Übersicht.